— 285 — In den prunkvollen Festen, die August der Starke der Welt sehen ließ, befand sich noch eine Lücke: es fehlte noch ein großartiges militärisches Schauspiel. Jene Lücke sollte auch ausgefüllt werden. Im Jahre 1730 veranstaltete er mit seinem Heere ein Lustlager, wie es bei den morgenländischen Fürsten in ähnlicher Weise vorkommen mag, aber bei den abendländischen wohl noch nie gesehen worden war. August der Starke besaß eine ausgesuchte Garde, treffliche Janitscharen, Ulanen, tüchtige Linientruppen und Kriegsvorräthe in Hülle und Fülle. Alles dies sollte der Welt einmal vorgeführt werden. In der Gegend bei Zeithain und Reudnitz wurde zunächst eine Fläche von 3 Quadratmeilen von 500 Bauern und 250 Bergleuten geebnet und Gestrüpp ausgerottet, Back= und Schlachthäuser wurden errichtet und 4 Brücken über die Elbe geführt. Jetzt bezogen 30 000 Mann (in den Schriften jener Zeit liest man 36 000), sämmtlich neu montirt, das Lager. Außerdem erschienen 2 Könige (unser Kurfürst als König von Polen und der König von Preußen), 2 Kronprinzen, 1 Herzog, 47 Fürsten, 69 Grafen, 38 Barone, 15 Minister und eben so viele Gesandte. Nun folgte Fest auf Fest, Parade auf Parade, Manöver auf Manöver. Das bei Riesa abgebrannte Land= und Wasserfeuerwerk ist vielleicht einzig in seiner Art. An dem 46 m hohen und 113 m breiten Gerüste hatten 200 Zimmerleute ein halbes Jahr läng ge- arbeitet und 18 000 Stämme Holz und eben so viel Breter verwendet. Die Vorderseite des Gerüstes bedeckten 3400 m neue, bemalte Lein- wand. Hinter dem Gerüste waren 60 Kanonen, 48 Mörser und 42 Kasten voll Raketen aufgepflanzt. Die Zahl der aufsteigenden Raketen und Leuchtkugeln war nur nach Tausenden zu zählen. Nach dem abgebrannten Landfeuerwerke schwamm auf der Elbe eine reich illuminirte Flotte, umgeben von feuerspeienden Walfischen und Del- phinen, herab, deren größtes Schiff 60 O00 M. kostete. Am Schluß aller dieser Herrlichkeiten wurde die ganze Armee mit Fleisch, Brot, Bier und Wein traktirt, zu welcher Mahlzeit man 170 Ochsen schlachtete. Nach aufgehobener Tafel mußten die 30 000 (36.000) Mann Soldaten ihre hölzernen Teller auf ein gegebenes Kommando in die Elbe werfen. In einer großartigen Feldbäckerei sah man 120 Dresdner Bäckergesellen emsig beschäftigt. Es galt einen Riesenkuchen zu backen, welcher 8 m lang, 3,5 m breit und über ¼ m dick war. Die Zu- thaten bestanden in 17 Scheffel Mehl, 4 Tonnen Milch, 82 Schock Eiern und einer Tonne Hefen. Am Schluß der Festlichkeiten bewegte sich ein 5½ m breiter Wagen, mit jenem Riesenkuchen belastet und von 8 Pferden gezogen, nach der königlichen Tafel, wo derselbe von einem Zimmermann mit einem 1½⅛ m langen Messer kunstgerecht zerlegt und alsdann den Zuschauern preisgegeben wurde. — Von den Herrlichkeiten bei Zeithain sprach man in ganz Europa; freilich