— 303 — zuweisen, sondern seit 1865 besitzt auch seine Vaterstadt Hainichen eins dergleichen. Ueberdies besteht in letzterer Stadt auch seit ungefähr 60 Jahren eine „Gellertstiftung“, aus welcher an des Verewigten Geburtstage hochbetagten Armen Unterstützungen zufließen. Die drei schlesischen Kriege. 82. Verranlassung zu denselben. Um die Veranlassung zu diesen drei Kriegen, in welche Sachsen tief verwickelt wurde, genau kennen zu lernen, müssen wir uns Fol- gendes vergegenwärtigen. Bis zum Jahre 1806 stand Deutschland unter einem Kaiser, welche Würde seit dem Jahre 1457 mit dem österreichischen Fürstenhause verbunden war. In der Zeit von 1659 bis 1705 regierte in Deutschland Kaiser Leopold I., welchem seine zwei Söhne unter den Namen Joseph I. (1705— 1711) und Karl VI. (1711—1740) nachfolgten. Beide Brüder hinterließen nur Töchter (Karl VI. nur eine Tochter), und es war mit Gewißheit vorauszusehen, daß nach dem Aussterben des Mannsstammes ver- schiedene europäische Fürstenhäuser Erbansprüche auf die österreichischen Staaten erheben würden und daß dies eine Zersplitterung der großen Monarchie zur Folge heben müßte. Um jeden Preis wollte dies Karl VI. verhindern. Er setzte des- halb einen Erbvergleich auf, nach welchem alle seine Lande seiner einzigen Tochter — Maria Theresia — ungetheilt anheim fallen sollten. Diesen Erbvertrag — unter dem Namen pragmatische Sanction bekannt?) — wünschte er von den größten Staaten Europas anerkannt zu wissen, was auch zu seiner großen Freude geschah. Unmittelbar nach ihres Vaters Tode nahm Maria Theresia sämmtliche österreichische Staaten in Besitz, allein der Kurfürst von Bayern (Karl Albert), der jenen Vertrag nicht mit unterzeichnet hatte, erklärte feierlichst, daß er Maria Theresia nicht als rechtmäßige Nachfolgerin ihres Vaters anerkenne, weil das Haus Bayern gerechtere Ansprüche auf Oesterreich habe. Unter anderem machte er geltend, daß seine Gemahlin die Tochter Josephs I., also die Tochter des älteren Bruders sei. Gingen die österreichischen Staaten auf die weibliche Linie über, dann hätte seine Gattin den Vorzug. *) Pragmatisch heißt zunächst lehrreich, gemeinnützig. Pragmatische Sanction hat eine engere und weitere Bedeutung und heißt im letzteren Sinne eigentlich: Ein Gesetz zur allgemeinen Wohlfahrt, welches bleibende („ewige") Giltigkeit hat. Im vorliegenden Falle ist die allgemeine Bedeutung auf einen speciellen Fall angewendet.