— 304 — Gleichzeitig erhob aber ein mächtigerer Fürst Ansprüche auf österreichische Ländereien, und dies war König Friedrich II. (der Große) von Preußen. Einem seiner früheren Verwandten hatte das Fürstenthum Jägerndorf in Schlesien gehört. Derselbe ward im dreißigjährigen Kriege vom Kaiser in die Reichsacht erklärt, und seine Besitzungen wurden mit dem österreichischen Staate vereinigt. Wäre auch diese Achtserklärung eine gerechte gewesen, meinte König Friedrich, so hätten doch die Ländereien nicht dem preußischen (damals branden— burgischen) Hause entrissen und zu Oesterreich geschlagen werden dürfen. Außerdem erhob Friedrich II. auch Ansprüche auf einige andere schlesische Fürstenthümer (Liegnitz, Brieg und Wohlau) und berief sich auf einen früheren Erbvertrag (vom Jahre 1507). Zwei Monate nach Karl VI. Tode rückte Friedrich II. ohne weiteres mit 80 000 Mann in Schlesien ein und forderte jene Län— dereien zurück. Würden seine Ansprüche erfüllt, so meinte er, dann wolle er das Schwert ruhen lassen und Maria Theresia den Besitz ihrer übrigen Staaten mit sichern helfen, allein Friedrich II. fand in Wien kein Gehör. Das Zeichen zum Kriege war gegeben. Unsers Kurfürsten Gemahlin war ebenfalls, wie wir Seite 284 gesehen haben, eine Tochter Kaiser Joseph I. Bei der Vermählung hatte aber der kurfürstliche Bräutigam allen Erbansprüchen auf Oester- reich entsagt und diese Erklärung bei Erlangung der polnischen Königs- krone feierlichst wiederholt. Anfangs wollte unser Kurfürst der be- drängten Maria Theresia Beistand leisten und die Bestimmungen der pragmatischen Sanction aufrecht erhalten. Plötzlich änderte er seinen Entschluß, weil ihm Frankreich Hoffnung machte, daß er Mähren und einen Theil Schlesiens erhalten würde, sobald er sich mit gegen Maria Theresia verbände. 83. Erster schlesischer Krieg, 1740—1742. Der Breslauer Friedk. Feinde über Feinde, und zwar Preußen, Sachsen, Bayern, Frank- reich hatten sich (auch Spanien) gegen Maria Theresia erhoben, um Oesterreich zu zerstückeln und ihre eigenen Ländergebiete zu vergrößern. Am glücklichsten war Friedrich II., der sein Ziel unverrückt verfolgte. Als Oesterreich seine Forderungen verwarf, so gab er alle weiteren zeitraubenden Unterhandlungen auf und verschritt zur That. Friedrich war noch ein Neuling in der Kriegskunst, und gleich die erste Schlacht (im April 1741 bei Mollwitz, eine Meile westlich von Brieg) würde für ihn einen unglücklichen Ausgang genommen haben, hätte ihm nicht sein er- fahrener Feldmarschall Schwerin zur Seite gestanden. Diesem allein verdankte er diesmal den Sieg, so theuer er auch erkauft werden mußte. Selten kommt ein Unglück allein. Diese bittere Erfahrung mußte auch Maria Theresia machen. In Böhmen drangen andere Feinde 800TSO0