— 311 — wurde er verhaftet und 1763 auf den Königstein gebracht.“) Hier mußte er in den ersten 20 Jahren sein Verbrechen hart büßen. In Ketten geschmiedet, trug er auch noch zwischen den Füßen ein Sperr- eisen („Weife“ genannt), wodurch ihm das Ausschreiten sehr erschwert ward. Durch die Gnade Friedrich August des Gerechten trat in den letzten 13 Jahren seiner Gefangenschaft eine bedeutende Milderung seines Schicksals ein. Ketten und Sperreisen wurden ihm ab- genommen, es wurde ihm bessere Kost gereicht und die Erlaubniß ertheilt, sich von Zeit zu Zeit im Freien ergehen zu dürfen. 70 Jahre alt, starb dieser Landesverräther (den 22. Mai) 1796. Ob Friedrich II. wirklich glaubte, daß Rußland, Oesterreich und Sachsen einen Angriff gegen ihn vorbereiteten, oder ob er dies nur als Vorwand zur Kriegseröffnung benutzte, mag dahin gestellt bleiben. Genug, er beschloß, seinen Gegnern — wenn man sie jetzt schon so nennen kann — zuvorzukommen. Ohne jede Kriegserklärung, also mitten im Frieden, siel er (am 29. August) 1756 mit 60 000 Mann von drei Seiten in Sachsen ein. Dieser unerhörte Gewaltstreich preßte ganz Europa einen Schrei des Entsetzens aus. Etwas Aehnliches hat die Geschichte des ge- bildeten Europa nicht aufzuweisen, nur die rohen Zeiten des Faust- rechtes liefern allenfalls ähnliche Beispiele hierzu. Zu gut erkannte Friedrich das Abscheuliche seiner Gewaltthat, weshalb er sich bemühte, dieselbe in einem milderen Lichte darzustellen. Er erklärte öffentlich, daß er Sachsen durchaus nicht als ein feindliches Land betrachte, sondern es zu seiner Sicherheit nur so lange in Beschlag („in Depot“) nehmen wolle, als er mit Oesterreich Krieg führe. Mit dieser Er- klärung standen Friedrichs Maßregeln in offenbarem Widerspruch, denn den Einwohnern wurden starke Lieferungen an Geld, Lebens- mitteln und Fourage auferlegt. Ferner ließ Friedrich Torgau befestigen und setzte hier, also mitten im „freundlichen Lande“ eine preußische *) Bezüglich der näheren Umstände bei Menzels Verhaftung kursiren in den meisten Schulbüchern Angaben, die durchaus nicht richtig sind. Menzel — so wird fast allgemein erzählt — befand sich in Warschau in einer fröhlichen Gesellschaft und erfuhr hier, daß seine Verrätherei entdeckt sei. Sogleich ergriff er die Flucht, erreichte glücklich Prag, wurde aber hier ver- haftet, anfangs nach Brünn und 1763 durch ein kaiserliches Kommando auf den Königstein gebracht. Wie stimmen diese Angaben mit Folgendem überein? Das erste über Menzels Verhör aufgenommene Protokoll ist überschrieben: „Warschau, den 25. September 1757“, und ist in demselben ausdrücklich hervorgehoben, daß er Tags vorher mit seinem Schwager, einem Helfershelfer, arretirt worden sei. Letzterer, ein Goldschmied, Erfurth mit Namen, erhielt am 24. September von Menzel ein versiegeltes Packetchen, welches er in den Mittagsstunden dem preußischen Gesandtschafts-Sekretariate zustellen sollte. Beim Ausgange aus dem Schlosse wurde er von einem Unteroffizier angehalten. Erfurth suchte das Päckchen in die Hosentasche zu bergen, erregte dadurch, natürlich noch mehr Verdacht und bewirkte somit seine sofortige Arretur.