— 312 — Behörde ein, an welche alle Kammer- und Landeseinkünfte abgeliefert werden mußten. Am 9. September rückten die Preußen in Dresden ein, und Tags darauf schlug Friedrich seinen Wohnsitz ebenfalls daselbst auf. Sogleich entsendete er seinen Feldmarschall Keith an den Hof und ließ die Kurfürstin (Marie Josephe), die mit dem Kurprinzen Friedrich Christian in Dresden zurückgeblieben war, auf die höflichste Weise begrüßen. Wiederum waren dies nur leere Worte. Kaum hätte der Feind willkürlicher verfahren können, als es von Friedrich geschah. Er ließ die Schweizergarde im Schlosse entwaffnen, die Landeskassen mit Beschlag belegen, das Zeughaus ausräumen und 250 Kanonen nach Magdeburg schaffen, die Gehalte der Beamten auf den sechsten Theil vermindern 2c. Obgleich Friedrich durch Verrath von den Verhandlungen Rußlands, Oesterreichs und Sachsens in Kenntniß gesetzt worden war, so genügten ihm diese Mittheilungen doch nicht. Er wollte sich selbst die Papiere im geheimen Kabinet verschaffen. Dasselbe befand sich in drei Gemächern des Schlosses und stand mit einem Zimmer der Kurfürstin in Verbindung. In ihren Händen allein befanden sich die Schlüssel zu diesem Staatsheiligthum. Im Auftrage Friedrichs ließ sich ein preußischer General (Wylich, zum Kommandanten von Dresden ernannt) die Schlüssel ausbitten. Mit eines Mannes Stand- haftigkeit verweigerte die Kurfürstin die Herausgabe derselben. Endlich traf man Anstalten, die Thür mit Gewalt zu öffnen. Auch dies schreckte die Kurfürstin nicht. Mit ihrem Körper deckte sie die Eingangs- thür. Da schritt rohe Gewalt zu einer Maßregel, welche die Urheber derselben nur schändet. Die Kurfürstin wurde nämlich mit Gewalt von der Thür entfernt.)) Aus den zusammengerafften Papieren ließ Friedrich eine Schrift zusammensetzen, in welcher er den gethanen Gewaltstreich zu rechtfertigen suchte, was ihm freilich nicht einmal seinen Freunden gegenüber gelingen wollte.) —. e e” es *) Das Rohe dieser Handlung erkannten die Veranstalter nur zu gut, weshalb der ganze Hergang preußischerseits in einem etwas milderen Lichte dargestellt wird. Der oben erwähnte General habe sich persönlich zur Kur- fürstin begeben und sie um Aushändigung der Schlüssel gebeten. Da alle seine Bitten erfolglos gewesen, die Kurfürstin vielmehr erklärt habe, im äußersten Falle die Eingangsthür mit ihrem Körper zu decken, sei der General auf seine Knie gefallen, habe die Kurfürstin flehentlich um Herausgabe der Schlüssel gebeten und endlich hinzugefügt, daß er bei fortgesetzter Weigerung sich genöthigt sehe, Gewalt zu brauchen, worauf die Kurfürstin die Schlüssel ausgeliefert habe. *“) In einem Schriftstücke vom 4. Mai 1758 ist selbst von einem preußischen Gesandtschaftssekretär dieser Ueberfall eine Handlung genannt, „die alle Welt verschmäht“. Ferner: „Die meisten Stimmen in der Ver- sammlung der Völker Europas sind gegen uns.“