— 315 — weise nach Dresden, drangen in das Schloß ein und schrieen um Brot. Der sonst so wohlthätigen Landesmutter blutete das Herz, weil sie das Flehen dieser Unglücklichen unerfüllt lassen mußte. Wie ein Wurm nagte der Gram an ihrem Herzen. Ihre Lebenskraft brach zusammen. Getrennt von ihrem Gatten und von zweien ihrer Söhne, deren Schicksal sie tief bekümmerte, in der letzten Zeit tief gekränkt von einem übermüthigen Feinde, niedergebeugt von des Landes Elend, ging die Kurfürstin noch im Laufe desselben Jahres (17. November) zur ewigen Ruhe ein.“) Im Winter von 1756 zu 1757 traf Friedrich die großartigsten Zurüstungen zu einem neuen Feldzuge. In Sachsen wurden Rekru- tirungen für die preußische Armee ausgeschrieben, und konnte man auf den Straßen junge Leute, herrschaftliche Diener, ältere Schüler ergreifen, so stellte man sie gewaltsam unter preußische Fahnen. Friedrich wußte nur zu gut, daß Europa eine halbe Million Streiter gegen ihn unter die Waffen rufen werde, denen er höchstens 300 000 entgegenstellen konnte. Ihm lag daher alles daran, seinen Gegnern zuvorzukommen, und er wollte deshalb seine Hauptkraft zunächst gegen den mächtigsten seiner Feinde, gegen Oesterreich, richten. Jetzt beging die sonst so kluge und umsichtige Kaiserin Maria Theresia einen gewaltigen Fehler, der ihrem Gegner sehr zu statten kam. Sie ernannte nämlich den schon oben erwähnten Prinz Karl von Lothringen zum Oberbefehlshaber des kaiserlichen Heeres und nicht den erfahrenen kriegskundigen Feldmarschall Grafen Braun (Brown). Letzterer hatte einen ganz anderen Kriegsplan entworfen, als der Oberbefehlshaber. Braun wollte den Preußen zuvorkommen und sie in Schlesien und Sachsen unerwartet angreifen; allein Prinz Karl war zum Nachtheil der Oesterreicher anderer Meinung. Er wollte das Angreifen seinem Gegner überlassen und verblieb deshalb in Böhmen. Friedrich ließ auch nicht lange auf sich warten, er kam früher, als es Prinz Karl vermuthet hatte. Wie ein reißender Bergstrom drang er mit seinem Heere unaufhaltsam in Böhmen ein, und am 6. Mai 1757 kam es bei Prag zur Schlacht, in welcher die überraschten Oesterreicher nach einer furchtbaren blutigen Arbeit besiegt wurden. So empfindlich auch diese Niederlage für sie war, so war der Verlust ihres größten Feldherrn fast ein noch empfindlicherer Schlag. Feldmarschall Braun, die belebende Seele der ganzen österreichischen Armee, empfing eine tödtliche Wunde und gab sieben Wochen später seinen Heldengeist auf. Dieser glückliche Anfang des wieder aufgenommenen Krieges ließ Friedrich auf einen guten Fortgang hoffen. Ein zweiter Schlag sollte Oesterreichs Macht vernichten, und dieser war auf den Feldmarschall ) Aehnliche bittere Erfahrungen mußte später die gleich edle Königin Louise von Preußen zur Napoleon'schen Zeit machen.