— 316 — Daun abgesehen. Bei Kolin (in östlicher Richtung von Prag) an der Elbe hatte dieser sein Lager aufgeschlagen. Wie Friedrich den Prinz Karl mit Glück unerwartet bei Prag angegriffen hatte, so wollte er auch Daun zuvorkommen. Der 18. Juni, so hoffte er wenigstens, sollte ein G. Mai werden. Er hatte einen vortrefflichen Schlachtplan entworfen, und in der That war der erste Angriff von einem so günstigen Erfolg begleitet, daß fast der ganze rechte Flügel der Oester- reicher über den Haufen geworfen ward. Daß auch der klarste Geist plötzlich einmal von einer Wolke des Irrthums umnachtet werden kann, zeigte Friedrich bei Kolin. Obgleich alles für ihn in bestem Fortgange war, so änderte er doch mitten im Siege den Schlachtplan. Alle Gegenvorstellungen seiner Feldherren blieben unbeachtet. Im entscheidenden Augenblicke wagte es ein Fürst von Dessau (Moritz) noch einmal, dem Könige die Folgen des abgeänderten Schlachtplanes vorzuhalten. Da überzog Zornesröthe Friedrichs Antlitz, mit ge- zücktem Degen ritt er zu dem Fürsten hin und fragte ihn mit einem Tone der höchsten Entrüstung, ob er schweigen und gehorchen wolle. Dieser schwieg und gehorchte, so schwer es ihm auch werden mochte. Was Friedrichs Feldherren vorausgesehen hatten, trat ein. Sehr bald fehlte in den Bewegungen der Preußen Plan, weshalb ihre Fort- schritte ins Stocken kamen. Diese Wendung der Dinge bemerkte der sächsische Dragoner-Oberstlieutenant von Benkendorf rechtzeitig. Zum Glück gelangte jetzt erst ein Zettel in seine Hände, auf welchem der Oberbefehlshaber mit Bleistift Anordnungen zum Rückzuge geschrieben hatte, welcher Zettel von einem Befehlshaber zum andern befördert werden sollte. Benkendorf gab ihn nicht weiter, sondern steckte ihn ruhig in seine Tasche. Jetzt ordnete er seine Dragoner, ein neues Feuer der Begeisterung erfüllte ihre Reihen, und unterstützt von zwei anderen sächsischen Regimentern, brachen sie mit Löwenmuth in das preußische Fußvolk ein. Ihr Ingrimm über die ihrem Vaterlande zugefügte Schmach machte sich Luft. Mit dem Rufe: „Dies für Striegau!“ (Seite 306) hieben sie alles nieder, was sich ihnen entgegenstellte. Diesmal zeigte das Kriegsglück dem sieggewohnten Friedrich den Rücken. Der Geist der Ordnung, des Muthes, der Tapferkeit wich von seinen Streitern. Sollte nicht alles dem Tode verfallen, dann mußte sich Friedrich zum Rückzuge entschließen. Nach einem Verluste von 14 000 Mann an Todten, Gefangenen und Verwundeten, sowie an 45 Geschützen wurde derselbe auch angetreten. Daun war über- glücklich, der Welt von einem Siege über seinen großen Gegner berichten zu können. Dieser Sieger von Kolin besaß in der That Eigenschaften, die jedem Feldherrn zur Zierde gereichen. Oben an stand seine weise Umsicht und große Besonnenheit. Hätte er sich durch diese nicht zu oft zum unnöthigen Zögern in Ausführung seiner Pläne