— 317 — verleiten lassen, so würde er über seinen großen Gegner noch be— deutendere Vortheile errungen haben. So blieb es z. B. unerklärlich, daß er nach glücklichen Siegen den Feind auf der Flucht gewöhnlich nicht im geringsten beunruhigte. Bei Kolin konnte er die beinahe bis auf die Hälfte zusammengeschmolzene preußische Armee beim Retiriren noch bedeutend schwächen, allein Daun begnügte sich, zu Friedrichs Glück, mit dem errungenen Siege. Zwar ist der Krieg eine Geißel, unter welcher gewöhnlich alle, die sie mit ihren Schrecken heimsucht, bluten müssen, allein einzelne Gegenden und Ortschaften mit ihren Bewohnern haben dieselben oft in doppeltem Maße zu ertragen. Unser Zittau gehörte zu den Städten, welche die Verheerungen des Krieges an# härtesten erdulden mußten. In früherer Zeit blühte hier der Handel so bedeutend, daß man Zittau gewöhnlich Klein-Leipzig nannte. Vor allem erstreckte sich der Umsatz auf Tuch, Damast, Zwillich und Leinwand. Sehr natürlich, daß sich Zittaus Bewohner eines gewissen Wohlstandes er- freuten. Plötzlich sollte derselbe vernichtet werden. In Zittau besaßen die Preußen Magazine mit sehr bedeutenden Mehlvorräthen. Nach der Schlacht bei Kolin rückten die Oesterreicher heran, um jene Vor- räthe zu erbeuten. Obgleich die Besatzung nur aus 800 Preußen bestand, so wiesen sie doch die Aufforderung zur Uebergabe der Stadt entschieden zurück. Da pflanzten die Oesterreicher Kanonen vor den Thoren der Stadt auf. Zittaus Bewohner hielten diesen Vorgang nur für eine Maßregel, welche die Preußen in Furcht setzen sollte. Ein Bombardement der Stadt fürchteten sie von Bundesgenossen nicht, weshalb auch niemand auf Rettung seines Eigenthums Bedacht nahm. Wie furchtbar sollte die Enttäuschung sein! Bald öffneten 32 Feuer- schlünde ihre Rachen, die Erde erdröhnte, Pulverdampf erfüllte die Luft und vernichtend schlugen die Kugeln auf die Häuser nieder. „Flammengeprassel, Trommelton, Pferdewiehern, Kugelsausen, Balken- krachen erfüllte die Luft.“ Durch den Kanonendonner stieg das Jammergeschrei der Unglücklichen zum Himmel empor. Oddachlos, des größten Theils ihrer Habe beraubt, irrten sie, die Hände ringend, umher, bildeten doch 564 Häuser einen großen Schutthaufen, unter welchen sich auch die Hauptkirche der Stadt (die Johanniskirche) und das schon damals sehr schöne Rathhaus befanden. Nur 138, meisten- theils elende Häuser waren verschont geblieben. Vernichtet war der Wohlstand des thätigen Bürgers, ins Unglück gestürzt der Familien= vater mit den Seinen. 73 Menschen waren in Kellern, wo sie Schutz gesucht, erstickt, und 10 hatten unter einstürzenden Häusern und in den Flammen ihren Tod gefunden. Viele starben später an den Folgen des Schreckes und der Angst, so daß am Schlusse des Jahres die Todtenliste 1002 Personen aufzuführen hatte, unter welchen sich nur 2 Soldaten von den 800 Preußen befanden. Der 23. Juli 1757,