— 349 — unter dem deutschen Kaiser und erkannten die Oberhoheit des sächsischen Kurfürsten nicht an. Dies gab zwischen Beiden bis zum Jahre 1740 zu fortwährenden Streitigkeiten Veranlassung. In genanntem Jahre schloß unser Kurfürst mit den Herren von Schönburg einen Vertrag oder einen Receß, nach welchem ihnen zwar gewisse Vor— rechte belassen wurden, aber in welchem sie versprachen, die Landes- hoheit, d. h. die oberste Gewalt des Kurfürsten, anzuerkennen. Im Jahre 1768 suchte sich der Graf von Schönburg (zu Hinter- glauchau) dieser Oberhoheit wieder zu entziehen. Zwar machte unser Kurfürst dieselbe aus Liebe zum Frieden nicht mit Gewalt geltend, gab sie aber keineswegs auf. Später entstand zwischen diesem Grafen und seinem Schwiegersohn (einem Grafen von Finkenstein) ein Prozeß. Letzterer behauptete, daß ihm sein Schwiegervater diejenigen 60000. nicht auszahlen wolle, welche seiner Tochter — der Gattin des Klägers — rechtmäßig gehörten. Der Kläger wandte sich an den Kurfürsten, und jetzt machte dieser seine Hoheitsrechte, die er 1768 nicht aufgegeben, geltend. Um den Grafen zur Auszahlung jener Summe zu zwingen, besetzte er Glauchau mit Truppen (Executionstruppen). Eiligst begab sich der Graf von Schönburg nach Wien und bat die Kaiserin Maria Theresia um Schutz. Anstatt den Grafen einfach auf den Vertrag von 1740 zu verweisen, ließ sie vielmehr unserm Kurfürsten die Erklärung zugehen: Der Vertrag von 1740 sei ungiltig, und der Graf von Schönburg stünde unmittelbar unter dem deutschen Kaiser. Natürlich protestirte unser Kurfürst gegen diesen Gewaltstreich mit dem ausdrücklichen Zusatze, er werde von seinen Hoheitsrechten Gebrauch machen und in den Streitigkeiten zwischen Schwiegervater und Schwiegersohn die gerechten Ansprüche des Letzteren durchsetzen. Anstatt einer Gegenantwort ließ die Kaiserin 150 österreichische Husaren mit 4 Kanonen über die Grenze rücken und Glauchau besetzen. Mit diesem unerhörten Gewaltstreiche begnügte sie sich noch nicht, sie ließ sogar bekannt machen: die schönburgischen Unterthanen hätten dem Kurfürsten von Sachsen weder Gehorsam, noch Abgaben zu leisten. Um diesen auch sichtbar vorzuführen, daß sie aus dem sächsischen Unterthanenverbande geschieden seien, ließ sie sogar an den Grenzen der drei Receßherrschaften Glauchau, Waldenburg und Lichtenstein die sächsischen Wappen entfernen und die deutschen Reichsadler auf- pflanzen. Zwar setzte unser Kurfürst dieser Gewalt nicht wieder Gewalt entgegen, sondern zog seine Truppen zurück, ließ aber in Wien feierlichst erklären, daß er zwar der Gewalt weiche, aber auf seine Hoheitsrechte durchaus nicht verzichte. Beim Friedensschlusse zu Teschen überließ Maria Theresia ihre (angeblichen) Hoheitsrechte über die schönburgischen Lande dem neuen Kurfürsten von Bayern, und dieser trat sie als Entschädigung — außer