— 368 — Damals war der Bauernstand von den Rittergutsbesitzern noch sehr abhängig. Er hatte drückende Frohndienste zu verrichten, allerlei Lieferungen zu leisten 2c., während der Rittergutsbesitzer auf dem Grund und Boden des Bauern das Jagd= und Schafhutungsrecht ausübte. Daß dabei manche Härten und Ungerechtigkeiten mit unter- liefen, läßt sich nicht leugnen. Wollte der Bauer Klage erheben, so fand er damals nicht so leicht Gehör, als jetzt. Viele Ritterguts- besitzer waren zugleich auch Gerichtsherren und hatten als solche das Recht, den Gerichtshalter selbst zu wählen. Hier und da mochte es nun wohl vorkommen, daß sich diese kein Gewissen daraus machten, die Rechte der Rittergutsbesitzer mehr zu wahren, als die der Bauern. Gewiß klagten viele von diesen nicht ohne Grund über ungebührliche Behandlung seitens der Gerichtshalter. Dies alles zusammengenommen erregte unter dem Bauernstande die größte Unzufriedenheit, welche sich immer mehr steigerte, da man ja allgemein wußte, daß nach des Kurfürsten Willen selbst dem geringsten seiner Unterthanen Gerechtigkeit widerfahren solle. Zu- nächst stellte sich im Juli 1790 ein gewisser Geißler aus Liebstadt an die Spitze der unzufriedenen Bauern jener Gegend und beabsich- tigte mit 17 bis 18 000 Menschen in Pillnitz zu erscheinen. Von hier aus sollte der Kurfürst im Triumphe mit fliegenden Fahnen nach Dresden geführt und ihm alsdann acht Wünsche zur Unterschrift und Erfüllung vorgelegt werden. Dieser beabsichtigte Triumphzug kam nicht zu Stande. Geißler ward in Pirna gefangen genommen und von den Aerzten für geisteskrank erklärt. In Folge dessen sah man natürlich von seiner Bestrafung ab und brachte ihn in einer Ver- sorgungsanstalt unter. Jene Wünsche fanden im Laufe der Zeit ihre vollständige Erledigung. Geißlers Unternehmen wurde sonach im Keime erstickt und die Gemüther beruhigten sich wieder. Einen Monat später brachen aber unter den Bauern in der Lom- matzscher und Oschatzer Gegend bedenkliche Unruhen aus. Massenhaft rotteten sich die Unzufriedenen zusammen, drangen in die Schlösser der Rittergutsbesitzer, kündigten diesen die Frohndienste auf und zwangen sie, auf gewisse Vorrechte, z. B. auf das eben erwähnte Jagd= und Hutungsrecht 2c. Verzicht zu leisten. Sehr bald erstreckten sich diese Bewegungen auch auf andere Gegenden; namentlich betheiligten sich die Bauern in den schönburgischen Receßherrschaften an denselben. Auf dem Wege der Gewalt sich seiner Pflichten zu entledigen und anderen seine Rechte zu nehmen, kann in einem wohlgeordneten Staate nicht geduldet werden. Es wurden deshalb Truppen gegen die Aufrührerischen ausgesendet und Verordnungen von den Kanzeln verlesen, in welchen von der Theilnahme an diesen Gewaltmaßregeln gewarnt, zugleich auch versichert wurde, daß der Kurfürst billigen Wünschen seiner Unterthanen Gehör schenken und wirkliche Uebelstände