— 370 — In seiner Weisheit sah unser Kurfürst mit Gewißheit voraus, daß sich Europa durch diesen Schritt sehr leicht in einen langwierigen Krieg verwickeln könne. Ihm war daher die ganze Zusammenkunft, in der Geschichte unter dem Namen Pillnitzer Convent bekannt, zuwider. Er mischte sich weder in die Verhandlungen, noch unterschrieb er das verabredete Bündniß gegen Frankreich. Ihm genügte es, gegen die Anwesenden die Rolle des freundlichen, zuvorkommenden Wirthes zu spielen. So sehr er sonst der Einfachheit huldigte, so ließ er es doch auch, sobald es die Verhältnisse geboten, nicht an Glanz fehlen. Denselben seinen hohen Gästen gegenüber einmal zu zeigen, hielt er diesmal für seine Pflicht. Am 26. August ließ er z. B. in Pillnitz ein Feuerwerk abbrennen, das zu den großartigsten dieser Schau- spiele gehört. Im nächsten Jahre (1792) rückten die vereinigten österreichisch- preußischen Truppen gegen Frankreich vor. Unser Kurfürst konnte sich nicht entschließen, seine Truppen zu dem Heere der Verbündeten stoßen zu lassen. Ihm ahnte nichts Gutes. Mit Recht fürchtete er, daß die Einmischung fremder Mächte die Franzosen nur noch mehr erregen und erbittern würde. # Nur bis zum Jahre 1793 konnte unser Kurfürst seinem Lande den Frieden erhalten. In diesem Jahre wurde nämlich die deutsche Reichsarmee gegen Frankreich aufgeboten. Jetzt mußten auch unsere Truppen zu den Waffen greifen. Zum ersten Male sah unser Kurfürst seine Armee während seiner Regierung hinausziehen zu blutigen Waffenthaten, denn der im Jahre 1778 ausgebrochene bayerische Erbfolgekrieg (Seite 346) hatte ohne eine Schlacht einen friedlichen Ausgang genommen. Der Herzog von Braunschweig übernahm den Oberbefehl über die deutsche Reichsarmee. Die von ihm an Frankreich erlassene Kriegs- erklärung war höchst unklug abgefaßt und steigerte die Erbitterung der Franzosen aufs höchste. Was fast mit Gewißheit vorauszusehen war, trat ein. Die Reichsarmee vermochte im Ganzen nur wenig auszurichten, und der Herzog von Braunschweig, der erst mit einem einzigen Schlage Frankreich zu vernichten hoffte, trat sehr bald den Rückzug an. In diesem Feldzuge erwarben sich unsere Landsleute allgemein den Ruf einer ausgezeichneten Truppe, so daß selbst der König von Preußen ihre Tapferkeit rühmend anerkannte. Als im Jahre 1796 die Franzosen siegreich in das Innere Deutschlands vordrangen, schloß unser Kurfürst mit Frankreich Frieden und verschaffte dadurch seinem Lande eine zehnjährige Ruhe. Ehe neues Kriegsgeschrei unser Vaterland durchtobte, wurde es in den Jahren 1804 und 1805 durch eine schwere Theuerung heim- gesucht (S. 351).