— 371 — Ein Jahr später (1806) mußten unsere Landsleute wieder zu den Waffen greifen. Ein gewaltiger Feind drohte in die deutschen Marken einzudringen und das Herz Deutschlands zu zerfleischen. Es war dies der kühne französische Kaiser Napoleon. In Frankreich war nämlich nach dem Sturze des Königs die Regierung in die Hände von Männern übergegangen, welche fast alle die Tiger an Blutdurst übertrafen. Die Parteien bekämpften und vernichteten einander selbst. Der Hauptsache nach erreichte dieser furchtbare Zu- stand zwar im Jahre 1794 sein Ende, aber die innere Ruhe des unglücklichen französischen Reiches war nur scheinbar festgestellt. In dieser Zeit setzte ein blutjunger französischer General, Bona- parte mit Namen, die ganze Welt seiner schnellen und glänzenden Siege wegen in Erstaunen. Als er im Jahre 1799 nach Paris eilte, füllten sich die Landstraßen mit Zuschauern, Glocken ertönten in Städten und Dörfern, Fahnen wehten auf den Thürmen und Freuden- feuer loderten auf den Bergen. Ehe genanntes Jahr und mit ihm das 18. Jahrhundert zu Ende ging — man schrieb den Monat November 1799 — stürzte der junge Held die vielköpfige uneinige Regierung und er sah sich auf 10 Jahre, später zum lebenslänglichen Konsul von Frankreich ernannt. Fast zauberhaft war das Glück, das diesem außerordentlichen Mann auf dem Fuße folgte. Im Jahre 1804 erstieg er die höchste Stufe menschlicher Macht und Ehre: er setzte sich unter dem Namen Napoleon die Kaiserkrone von Frankreich auf sein Haupt. Anfangs begnügte sich unser Kurfürst damit, Napoleon als Kaiser von Frankreich anzuerkennen, vermied aber jede weitere An- näherung an denselben, jedenfalls fürchtend, daß man sich in der Nähe eines so außerordentlich schimmernden Glanzes nicht recht wohl fühlen könne. Ein Krieg mußte die Brücke bilden, welcher die beiden Fürsten näher an einander führte und zwischen beiden sogar ein inniges Freundschaftsverhältniß entstehen ließ. b) Schlacht bei Tena, 1806.— Friedensschluß in Posen, den 11. Dezember 1806. Preußens König, Friedrich Wilhelm III., hatte alle Ursache, sich über Napoleons Verhalten gegen ihn und sein Land zu beklagen, was ihn veranlaßte, dem französischen Kaiser den Krieg zu erklären. Dies versetzte unsern Kurfürst in die größte Verlegenheit. Nur zu gut sah er ein, daß Sachsen seiner Lage wegen vom Kriege nicht unberührt bleiben könne. Zwar rief er seine Truppen zu den Waffen, aber eine weitere Erklärung gab er nicht ab. Er wollte so lange als irgend möglich neutral bleiben. Im September 1806 rückten die Preußen in Sachsen ein. Jetzt mußte sich der Kurfürst entscheiden. Fast 40 Jahre lang hatte zwischen 24