— 380 — getroffene Einrichtung, nach welcher die Insel England von allen Handelsverbindungen mit dem Festlande (Europas) ab- geschnitten werden sollte. Diejenigen Länder, welche dem Rheinbunde beigetreten, ferner die Staaten, welche Napoleon besiegt und zum Friedensschlusse mit ihm gezwungen hatte, mußten versprechen, keine englischen Waaren in den Handel kommen und keine englischen Schiffe in die Häfen ein- laufen zu lassen. Jeder Verkehr mit England wurde für ein Staats- verbrechen erklärt. Demnach wurden nicht blos alle Küsten scharf bewacht, sondern auch alle Kaufmannsläden ausgesucht. Aufgefundene englische Waaren wurden weggenommen und verbrannt. So ver- siegelte man z. B. im Jahre 1810 in Dresden alle Ausschnitt- handlungen, durchsuchte dieselben streng und warf die vorgefundene englische Waare auf einem freien Platz vor der Stadt ins Feuer. Ein Jahr später (1811) geschah in Leipzig etwas Aehnliches. Für 150 000 Mark der schönsten Schnittwaaren, die man als englische erkannt, wurden vor dem Stadtthor verbrannt. Da half kein Bitten und Flehen seiten ihrer Besitzer. Was von ihren Waaren aus England stammte, ging in den Flammen zu Grunde. Jedes Uebel hatte auch etwas Gutes, und das gilt auch von dieser strengen Maßregel Napoleons. Die inländischen Fabrikanten suchten das Fehlende zu ersetzen und gewannen durch die erhöhten Nachfragen an Selbstvertrauen. Ueberdies blieb auch das Geld, das früher nach England wanderte, im Inlande. Mit eiserner Hand leitete der mächtige französische Kaiser fast alle Geschicke der europäischen Staaten. Wer ihn nicht bewunderte, fürchtete ihn wenigstens. Zu seinen Bewunderern hatte bis jetzt der russische Kaiser Alexander I. gehört, allein die Willkür, mit welcher Napoleon schaltete und waltete, hatte für den Kaiser Alexander etwas Unheimliches und Bedenkliches. Zugleich sah er ein, daß er die Versprechungen, welche er seinem bisherigen Freunde (im Tilsiter Frieden 1807) gegeben, nicht alle zu halten im Stande sei. Namentlich wurde es ihm schwer, das Continentalsystem in seiner ganzen Strenge zu handhaben, weshalb er dem Handel mit England Freiheiten gestattete. Alexanders Annäherung an England, sowie manche andere Vorkommnisse erregten Napoleons Zorn im hbchsten Grade. Das freundschaftliche Verhältniß zwischen beiden Monarchen begann zu erkalten und ging endlich in offene Feindschaft über. Ueberall, wohin Napoleons Arm reichte, in allen Staaten, mit welchen er Bündnisse geschlossen, wurden die großartigsten Zurüstungen zu einem furchtbaren Kriege getroffen. Endlich stand ein Heer unter den Waffen, wie ein zweites an Größe seit Jahrhunderten und an Pracht und Glanz vielleicht noch nie gesehen worden war. Italien, die Schweiz, Holland, Oesterreich, Preußen und die Staaten des