— 384 — Welch ein Abstand zwischen jetzt und der Zeit vor 7 Monaten! Kein Kanonendonner, kein Glockengeläute, keine glanzvollen Illumi— nationen und Festlichkeiten verherrlichten diesmal in Dresden die Anwesenheit des früher so gefeierten Kaisers! Das Vertrauen zu Napoleons Unbesiegbarkeit hatte eine gewaltige Erschütterung erlitten. 98. Friedrich August versucht dag Bündniß mit Frankreich zu lösen — Rußland und Preußen im Lunde gegen Frankreich. — Eprengung der Meißner und Dresdner Elbbrücke. — Schlacht bei Großgörschen. — Mapoleon als Hieger in Dresden. — Friedrich August muß sich entscheiden. — Hischofswerda's Antergang. — Schlacht bei Zautzen oder Wurschen. — Pläswitzer Waffenstillstand. Der umsichtige, weise König Friedrich August zog jetzt in ernste Erwägung, welche Maßregeln zum Wohle Sachsens zu ergreifen sein dürften. Unter den Fürsten des Rheinbundes war er der erste, der Veranstaltungen zur Lösung des Bündnisses mit Frankreich traf. Dem Anführer seiner zusammengeschmolzenen Armee befahl er, die sächsischen Truppen von den französischen zu trennen. Um in seinen ferneren Entschlüssen freie Hand zu haben, verließ er seine Residenz und begab sich nach Plauen im Voigtlande. Vergeblich forderte ihn Napoleon auf, daß er sich nach Frankfurt a. M. oder nach Mainz begeben und daß er seine Truppen mit den französischen vereinigen sollte. Unser König wollte sich dem französischen Einflusse entziehen und begab sich von Plauen nach Regensburg und später nach Prag. Im Februar 1813 schlossen Rußland und Preußzen (in Kalisch) ein Angriffs= und Vertheidigungsbündniß gegen Frank- reich, und beide Mächte erklärten im März dem Kaiser Napoleon den Krieg. Bald darauf erging an die übrigen Fürsten Deutschlands die Aufforderung, diesem Bündnisse beizutreten. Kein einziger Fürst des Rheinbundes folgte dieser Aufforderung. Unser König gerieth in die peinlichste Verlegenheit. Sein Land war zum Theil von Franzosen besetzt. Napoleon hatte ein neues Heer geschaffen. Die Fürsten des Rheinbundes hoben neue Truppen aus und führten sie dem französischen Kaiser zu. Oesterreich schwieg zu dem allen und erklärte sich weder für, noch gegen Napoleon. Mit Gewißheit sah Friedrich August voraus, daß Rußland und Preußen allein gegen Napoleon nichts auszurichten im Stande seien, namentlich wenn Oesterreich mit Frank- reich Hand in Hand gehen sollte. Unter solchen Verhältnissen sich gegen Napoleon zu erklären, hielt Friedrich August nicht blos gewagt, sondern im höchsten Grade unklug.