— 388 — Ob die zurückweichenden Russen oder die vordringenden Fran— zosen das Unglück verschuldet, ist unentschieden. Die Verluste der Bewohner dieser Stadt betrugen Hunderttausende von Mark. Bittend wandten sich die Unglücklichen an den Kaiser (an ihrer Spitze stand der damalige Stadtschreiber Süßmilch). Fünf Tage lang mußten sich die Abgeordneten gedulden, ehe sie bei dem vielbeschäf- tigten Kaiser eine Audienz erlangten. Derselbe nahm sie sehr freundlich auf und versprach der Stadt für jetzt nur eine Unterstützung von 100 000 Franken (80 000 Mark), setzte aber hinzu, daß ein mehreres geschehen werde, sobald die Kriegsereignisse einen glücklichen Verlauf nehmen würden. Bei jener Summe ist es aber verblieben.) Die verbündeten Russen und Preußen zogen sich nach der Spree zurück und nahmen hier eine sehr feste Stellung ein. Aus dieser wollte sie Napoleon vertreiben. Er brach deshalb mit seiner Garde von Dresden auf und drang in die Oberlausitz vor. Hinter Bautzen nach dem Dorfe Wurschen zu hatten die Verbündeten alle Anhöhen besetzt und sich überdies noch in aufgeworfenen Schanzen feste Halte- punkte verschafft. Am 20. Mai begann der Kampf. Als man abends 8 Uhr die Waffen ruhen ließ, hatte kein Theil etwas Wesent- liches erreicht. Am folgenden Tage wurde die Blutarbeit fortgesetzt. Wie fast immer, so erspähte Napoleons Adlerauge auch hier die Schwächen seiner Gegner. Ihm entging nicht, daß die Anhöhen bei dem Dorfe Kreckwitz von dem Feinde weniger gut besetzt waren. Dahin richtete er jetzt seinen Hauptangriff. Dadurch überrascht, mußten die Ver- bündeten einen Theil ihrer Truppen von dem rechten Flügel zurück- ziehen, um diesem unerwarteten Angriff größeren Widerstand ent- gegenstellen zu können. Auch dieses entging Napoleons Späherblicke nicht. Gleichzeitig stürmte er auf den rechten Flügel seiner Gegner ein. Dieser wich zurück und nachmittags gegen 4 Uhr traten die Verbündeten den Rückzug an. Obgleich Sieger, hatte Napoleon doch keine einzige Kanone erbeutet und nur wenig Gefangene gemacht; ja er hatte sogar einen ungemein großen Verlust zu beklagen. Zunächst zogen sich die Verbündeten nach Görlitz und dann nach Schlesien zurück. Dem vordringenden Sieger lächelte das Glück wieder im holdesten Lichte, und nachdem die Franzosen sogar ihren Einzug in Breslau gehalten, nahm es den Anschein, als solle Napoleon wieder der Gebieter Europas werden. Da winkte auf einmal den erschöpften Völkern die Friedenspalme. Napoleon schloß (am 5. Juni 1813) den Pläswitzer (Pläswitz, Dorf bei Striegau) Waffenstillstand. *) Die Summe sollte in vier Terminen ausgezahlt werden. Nach Napoleons Sturze war der vierte Termin noch im Rückstande und es wurde derselbe unter dem König Ludwig XVIII. richtig nachgezahlt.