— 418 — das Wohl seines Landes und aller seiner Unterthanen am Herzen lag und der dasselbe jederzeit nach allen Beziehungen hin aufs redlichste zu fördern suchte. Behauptet wird zwar auch, daß Friedrich August gar zu bedächtig, und daß die Liebe für das Bestehende und Alte bei ihm zu groß gewesen sei. Wahr ist es, daß er jeder Neuerung, sobald er sie nicht als einen Fortschritt erkannte, abhold war. Unerschütterlich hielt er an dem Grundsatze fest: Hat sich das Bestehende als heilsam bewährt, so wollen wir es nicht durch Neues verdrängen, sobald wir nicht fest überzeugt sind, daß dieses den Vorzug verdient. Zugegeben, daß seine Bedachtsamkeit zuweilen eine zu große gewesen sein mag, so darf man nicht vergessen, daß er auch nicht dem Lande durch Ueberstürzungen nutzlose Opfer zumuthete. Man sagt ferner: Friedrich August habe sich seinen Unterthanen persönlich nie genähert. Leugnen läßt sich nicht, daß er ein zurück- gezogenes, abgeschlossenes Leben führte, und daß er mit den Einzelnen nicht so verkehrte, wie wir dies von den Königen Anton, Friedrich August II., Johann wissen und vom Könige Albert in so wohlthuender Weise gewöhnt sind. Eins vergesse man hierbei nicht. Friedrich August verlor seinen vortrefflichen Vater als 13jähriger Knabe. Zwar über- nahm er in diesem Alter die Regierung noch nicht, aber man betrachtete ihn doch schon als den Kurfürsten. Sehr natürlich, daß er — aller- dings viel zu früh — ein gemessenes, ernstes Wesen annehmen mußte, das ihm sehr leicht zur andern Natur werden konnte. Bedenkt man ferner, daß seine Jugend in die unglückliche Zeit des siebenjährigen Krieges fiel, welcher das Mark des Landes aussog, so ist es sehr natürlich, daß sich seinem Charakter ein ungewöhnlicher Ernst auf- prägte, der ihn zu einer gewissen Abgeschlossenheit führte. Verkehrte er auch nicht persönlich mit dem Einzelnen seiner Unterthanen, so war sein ganzes Bestreben doch darauf gerichtet, die Wohlfahrt aller, selbst des Geringsten zu fördern. Hat man endlich Friedrich August zum Vorwurf gemacht, daß durch sein Festhalten an dem Kaiser Napoleon in dem Jahre 1813 Sachsens Theilung herbeigeführt ward, so ist oben ausführlich nach- gewiesen worden, daß er der erste Fürst des Rheinbundes war, der das Bündniß mit Frankreich lösen wollte. Zwangen ihn die Ver- hältnisse später, dennoch mit Napoleon zu gehen, und nahm dieser Schritt eine unglückliche Wendung, so wäre es die größte Ungerechtig- keit, daraus für ihn einen Vorwurf ableiten zu wollen. Nimmt der Ausgang unserer Handlungen einen anderen Erfolg, als ihn menschliche Berechnung erwartet, dann müssen wir uns in Demuth unter Gottes Führungen beugen und müssen mit dem Apostel fragen: „Ja, lieber Mensch, wer bist du, daß du mit Gott rechten willst?“