— 420 — wurden die angerichteten Schäden taxirt und die Grundstücksbesitzer für die erlittenen Verluste entschädigt, allein alles konnte doch nicht vollständig ausgeglichen werden. Da ließ Anton das RNothwild (Hirsche und Rehe) in den königlichen Waldungen bedeutend vermindern und das Schwarzwild (Schweine) entweder niederschießen oder einhegen. In jener Zeit entstand unter anderem der bekannte und viel besuchte große Thiergarten bei Moritzburg, in welchem eine bedeutende Menge Roth= und Schwarzwild eingehegt ist. Luch die handeltreibende und reisende Welt sah sehr bald einem längst gefühlten Bedürfnisse abgeholfen. Der Verkehr auf einer der größten Handelsstraßen Sachsens und Deutschlands erlitt nämlich eine sehr störende Unterbrechung; es war dies die zu- nächst Leipzig und Dresden mit einander verbindende Chaussee, welche über Wurzen führte. Hier mußten Wagen, Reiter und Passagiere mittels einer Fähre über die Mulde gesetzt werden. Bei gewöhnlichem Wasserstande mochte dies allenfalls gehen, obgleich sehr oft beim Uebersetzen ein längerer Aufenthalt nicht zu vermeiden war. Bei Eisgängen und Hochfluten blieb die Passage tagelang unterbrochen, was für die Reisenden einen störenden Aufenthalt und manche Verluste zur Folge hatte. Hart an der Stadt zieht sich ein Mühlgraben hin, etwas westlich fließt die Mulde. Bei Hochwasser treten Mühlgraben und Mulde aus und überschwemmen die zwischen ihnen liegende Aue. Sollte eine Ueberbrückung dem Verkehre auch bei Hochfluten zu gute kommen, so mußte die Brücke über Mühlgraben, Aue und Mulde geführt werden, was einen 650 Ellen (370 m) langen Bau nothwendig machte. Im Jahre 1830 war derselbe vollendet und galt damals für ein Riesenwerk. Die Ueberbrückungen, welche bei Anlegung der Eisenbahnen sehr oft hergestellt werden müssen, haben in der neueren Zeit unser Urtheil über die Großartigkeit solcher Bauwerke sehr verändert. Das Postgebäude am Antonsplatze und die Hauptwache in Altstadt-Dresden entstanden ebenfalls während Antons Regierungszeit. Obgleich König Anton verschiedenes Alte und Unhaltbare ab- stellen und manches Neue vorbereiten ließ, so wollte dies doch nicht genügen; es gab sich vielmehr allgemein, sogar unter den Ständen auf dem Landtage 1830, der Wunsch nach einer zeitgemäßen Umgestaltung der Landesverfassung kund. Mittlerweile traten in Frankreich und in den Niederlanden bedeutende Staatsumwälzungen ein. König Karl X. von Frankreich wurde vertrieben, und Ludwig Philipp (aus der Nebenlinie Orleans) bestieg den Thron. Belgien riß sich von Holland los und wurde unter Leopold I. ein eigenes Königreich. Diese und noch manche andere Vorgänge erhitzten auch in Deutschland gar manche Gemüther, und es konnte nicht fehlen, daß diese Vorkommnisse auch verschiedene erregbare Sachsen nicht