— 443 — darauf Prinz Louis Napoleon — der spätere Kaiser Napoleon III. — gestellt wurde. Diese Vorgänge übten in Europa auf einen Theil der Bevölkerung den gewaltigsten Einfluß aus. Man wollte das Bestehende umstürzen und mit Einem Schlage eine neue Ordnung der Dinge schaffen. In Wien, in Berlin, in München ꝛc. entbrannten die heftigsten Kämpfe. In dieser Zeit allgemeiner Aufregung bewährte es sich von neuem, welche Gewalt der durch und durch ehrenwerthe Charakter des Königs auf die Gemüther auszuüben vermochte. Offen kam er seinem Volke entgegen und erließ an dasselbe (den 6. März 1848) eine Ansprache, welche sein Regentenleben im reinsten Lichte erkennen läßt. In der— selben sagte er unter anderem: „Ich bin mir bewußt, für das Wohl meines Volkes nach meinem besten Wissen gewirkt zu haben. Ich bin stolz darauf, daß meine Regierung an redlicher, offener Verfassungstreue von keiner anderen übertroffen wird. Mein Volk und selbst das Ausland haben dies anerkannt. Gern vernehme ich die Stimme, den Rath der verfassungsmäßigen Vertreter meines Volkes, doppelt gern in Zeiten der Gefahr. Ich werde mich mit ihnen über alles, was als wahres Bedürfniß für das Staatswohl erscheint, verständigen. Harret ruhig und im Vertrauen auf das, was ich schon gethan und noch thun werde, aus. Greift nicht den Befugnissen der von euch selbst gewählten Landesvertreter vor; nur was im verfassungsmäßigen Wege zu Stande kommt, trägt die Bürgschaft sicheren Bestehens. Ruhe und Ordnung, Gesetz- lichkeit, unverrücktes Festhalten an dem Rechtszustande, welchen die Verfassungs- urkunde begründet hat, Eintracht zwischen Fürst und Volk, Muth und Vertrauen — das ist es, worauf Deutschlands Freiheit und Selbstständigkeit beruht; das ist es, wodurch wir allein jeder Gefahr mit Erfolg entgegen- treten können. — Sachsen, bewahret eure alte Treue!“ Diese Worte verhallten nicht wirkungslos, denn was vom Herzen kommt, geht wieder zum Herzen. Die aufbrausenden Wellen der Revolution schlugen nur an die Grenzen unsers Vaterlandes, aber über dieselben herein drangen sie nicht. Zwar fallen einzelne Aus- brüche von rohester Zügellosigkeit in jene Zeit; allein diese galten nicht der Landesregierung. Gemeine Rache und Habgier vergriffen sich an Privateigenthum, weil man dem Volke von Gütergemeinschaft vorgepredigt hatte. Den größten Frevel verübte man an dem fürst- lichen Schlosse zu Waldenburg. Es war am 5. April 1848, als eine von einigen Anführern erregte Menge in das Schloß eindrang, dasselbe ausplünderte und einäscherte. Diesen Fall gemeiner Habsucht und blinder Zerstörungswuth und einige andere Fälle ausgenommen, blieb Sachsen im Jahre 1848 von den Schrecknissen der Revolution verschont, so daß der König am Schlusse des Landtags (den 17. November) sagen konnte: „Das sächsische Volk hat mit wenigen beklagenswerthen Ausnahmen inmitten der großen Erschütterungen Europas im ganzen den in ihm wohnenden Sinn für Gesetz und Ordnung bekundet und darin einen Beweis politischer Reife gegeben, die sich bei den Völkern in dem Grade ausspricht,