— 461 — Bis zum Jahre 1806 waren die österreichischen Fürsten mit Deutschlands Kaiserkrone geschmückt gewesen. Oesterreichs Einfluß auf Deutschland erhielt aber einen gewaltigen Stoß, als Napoleon I. im genannten Jahre das deutsche Reich aufhob (Seite 376). Sehr natürlich, daß Oesterreich im deutschen Bunde das ihm 1806 verloren gegangene Uebergewicht wieder gewinnen wollte. Die deutschen Mittel= und Kleinstaaten mußten sich diese Anstrengungen gefallen lassen; nicht so fügsam zeigte sich aber Preußen. Dieser Staat war seit 1815 in die Reihe der Großstaaten eingetreten. Oesterreich gegenüber am Bundestage eine untergeordnete Rolle zu spielen — dazu zeigte es wenig Lust. Wiederholt kam es daher zwischen den beiden deutschen Großmächten zu Mißhelligkeiten und Reibungen. Mit Eifersucht betrachtete Preußen Oesterreich, und umgekehrt Oesterreich Preußen. Gingen von diesem Vorschläge aus, so wollte sie Oester- reich gewöhnlich nicht anerkennen, und gingen dergleichen von letzterem aus, so zeigte sich Preußen mißtrauisch. Ohne ein Prophet zu sein, konnte man mit Gewißheit voraussehen, daß es über lang oder kurz zwischen beiden Staaten zu einem Zusammenstoß kommen, und daß es sich dann zeigen müßte, welcher von beiden die Oberhand in Deutschland erringen würde. Die Veranlassung zu solch einem Zusammenstoß bot Schleswig- Holstein. Schon im 15. Jahrhunderte wurde festgesetzt, daß beide Herzogthümer für alle Zeiten vereinigt bleiben sollten. Im Jahre 1720 fiel dem dänischen Könige der Hauptsache nach das Herzogthum Schleswig-Holstein zu. Nun bestand in diesen Ländern ein anderes Gesetz für die Regierungsnachfolge, als in Dänemark. Hier ist, wie z. B. in England, auch die weibliche Linie erbberechtigt, während in Schleswig-Holstein die Herzogswürde nur in der männlichen Linie forterbt. Der Fall, daß die dänische Königskrone einmal auf die weibliche Linie übergehen und dann Schleswig-Holstein von Däne- mark abgetrennt werden könnte, war ein leicht möglicher. Diesen Wegfall zu verhüten, war ein Hauptbestreben aller dänischen Könige. Da Holstein mit zu den deutschen Bundesstaaten gehörte, so versuchten sie, wenigstens Schleswig für eine dänische Provinz zu erklären. Dies gab zu immerwährenden Reibungen Veranlassung. Im Jahre 1846 sollte allem Streite mit Einem Male ein Ende gemacht werden. König Christian VIII. erklärte feierlichst, daß Schleswig und ein Theil Holsteins fortan untrennbar mit Dänemark verbunden sei. Wie ein Donnerschlag durchzuckte diese Erklärung die Bewohner beider Herzogthümer. Die Bevölkerung protestirte wie Ein Mann gegen diesen Gewaltstreich. Mitten in diesen Wirren starb Christian VIII. (1848), und sein Sohn Friedrich VII. bestieg den Thron. Da dieser König keinen männlichen Erben besaß, so ging nach seinem Tode die dänische Königs-