— 475 — auch da mußte es mit der größten Vorsicht geschehen. Die meisten der Leichen wurden zusammen in ein großes gemeinschaftliches Grab unfern der Unglücksstätte gebettet, und ist auf demselben ein Denkmal errichtet. III. Rönig Johanns und Königin Amaliens goldenes Ehefubiläum. — Johanns Tod. Dem Herzen ist es heiliges Bedürfniß, die Gefühle der Ver— ehrung und Dankbarkeit bei sich darbietenden Gelegenheiten auch äußerlich kundzugeben. Das treue Sachsenvolk begrüßte deshalb den 10. November 1872 mit der freudigsten Theilnahme, denn es war der Tag, an welchem das geliebte Königspaar auf die fünfzigjährige Dauer des Ehebundes zurückblicken konnte. Da die Sachsen in ihrem Könige den geliebten Landesvater und in der Königin die geliebte Landesmutter verehrten, so konnte es nicht fehlen, daß die Feier des goldenen Ehejubiläums sich zu einem großen, erhabenen Familien- feste erweiterte. Am Morgen des Festtages stiegen aus des Herzens Tiefen der Sachsen die heißesten Wünsche für das Wohl des geliebten Jubel- paares zu Gott empor; außerdem gab sich die freudige Theilnahme an dem seltenen Feste durch Ueberbringung von zahllosen, höchst werthvollen Geschenken kund, und zum bleibenden Andenken an diesen Jubeltag wurden auch von mehr als 700 000 segensreiche Stiftungen ins Leben gerufen. Zwei derselben, jede 300 O00 3 zählend, führen den Namen Johann= und Amalienstiftung. Jene dient zur Förderung allgemeiner Bildungszwecke und diese zum Besten des weiblichen Geschlechts. Die Zinsen von zwei anderen Stiftungen, welche Goldener Stipendienfond und Johann-Amalienstiftung heißen, sind entweder an einzelne Personen, oder an Anstalten zu vertheilen. Das königliche Jubelpaar sprach für die erfahrenen zahlreichen Beweise der freudigen Theilnahme an der goldenen Jubelhochzeit nicht allein seinen Dank aus, sondern gründete auch eine Stiftung in der Höhe von 30 000 -, deren Zinsen von 90 bis 150 -7 an solche hilfsbedürftige und würdige Ehepaare — ohne Unterschied der Religion — zu vertheilen sind, welche 50 Jahre im Ehestande leben. Nicht ganz ein Jahr überlebte König Johann den Tag seines goldenen Ehejubiläums. Am 29. Oktober 1873 schloß er auf seinem Sommersitze Pillnitz seine Augen im Tode. Die Sachsen erkannten die Größe des erlittenen Verlustes in ihrem ganzen Umfange und gaben ihre tiefempfundene Theilnahme aufs herzlichste kund. Anstatt der Jubeltöne, die am 10. November 1872 zum Himmel empor- gestiegen waren, vernahm man jetzt Trauertöne.