190 Nr. 77. Geschäftsordnung für den Reichstag. Die Schriftführer. §. 15. Die Schriftführer haben für die Aufnahme des Protokolles und den Druck der Verhandlungen zu sorgen, daher auch die Revision der stenographischen Berichte zu überwachen. Sie lesen die Schriftstücke vor, halten den Namens-Aufruf, vermerken die Stimmen, und haben den Präsidenten in der Besorgung der äußeren Angelegenheiten des Reichstages zu unterstützen. Die Quästoren. 8. 16. Der Präsident ernennt für die Dauer seiner Amtsführung aus der Versammlung zwei Quästoren für das Kassen= und Rechnungswesen. III. Behandlung der Vorlagen, Anträge und Petitionen. 17. Die Vorlagen des Bundesrathes, sowie alle förmlich (8 22) eingebrachten Anträge von Mitgliedern des Reichstages werden durch den Präsidenten zum Druck und zur Vertheilung an die Mitglieder befördert. Hiernächst tritt der in den 88 18—31 vorgeschriebene Geschäfts- gang ein. a) im Plenum des Reichstages. §. 18. Die erste Berathung über Gesetzentwürfe erfolgt frühestens am dritten Tage, nachdem der Gesetzentwurf gedruckt und in die Hände der Mitglieder gekommen ist, und ist auf eine allgemeine Diskussion über die Grundsätze des Entwurfs zu beschränken. Vor Schluß der ersten Berathung auf die Vorlage selbst bezügliche Abänderungs-Vor- schläge einzubringen, ist nicht gestattet.) » . « ç Z Nach dem Schlusse der ersten Berathung beschließt der Reichstag, ob eine Kommission mit der Vorberathung des Entwurfs zu betrauen ist. ç ç Die allgemeine Diskussion kann auch auf einzelne Abtheilungen des Entwurfs gerichtet und abtheilungsweise zu Ende geführt werden. §. 19. Die zweite Berathung erfolgt frühestens am zweiten Tage nach dem Abschlusse der ersten Berathung und, wenn eine Kommission eingesetzt ist, frühestens am zweiten Tage, nachdem die Kommistions-Antäge edruckt in die Hände der Mitglieder gekommen sind. Ueber jeden einzelnen Artikel wird der Reihenfolge nach die Diskussion eröffnet und ge- schlossen und die Abstimmung herbeigeführt. Auf Beschluß des Reichstages kann die Reihen= folge verlassen, in gleicher Weise die Diskussion über mehrere Artikel verbunden oder über ver- schiedene zu demselben Artikel gestellte Abänderungs-Vorschläge getrennt werden. Abänderungs-Vorschläge zu einzelnen Artikeln können in der Zwischenzeit und im Laufe der Verhandlung eingebracht werden. Sie bedürfen keiner Unterstützung.) Nach dem Schlusse der zweiten Berathung stellt der Präsident mit Zuziehung der Schrift- führer die gefaßten Beschlüsse zusammen, falls durch dieselben Abänderungen der Vor- lage stattgefunden haben.o) ç Z Diese Zusammenstellung bildet die Grundlage der dritten Berathung. Wenn keine Abänderungen in zweiter Berathung beschlossen worden, dient die unveränderte Vorlage als Grundlage der dritten Berathung.= ch sacbir der Entwurf in allen seinen Theilen abgelchnt, so findet eine weitere Berathung nicht statt. 20. Die dritte Berathung erfolgt frühestens am zweiten Tage nach dem Abschlusse der zweiten Berathung, beziehungsweise nach der Vertheilung der Zusammenstellung (. 19). AbänderungsVorschläge zu einzelnen Artikeln können in der Zwischenzeit und im Laufe der Verhandlung eingebracht werden. Sie bedürfen der Unterstützung von 80 Mitgliedern. 1) Dieser Abs. ist eingefügt durch RTagsbeschl. v. 17. April 1869 (Sten. Ber. S. 420). 2) RTagsbeschl. v. 12. Dez. 1891 (Sten. Ber. 1890/92, S. 3387): „Die bei der Be- rathung des Reichshaushalts-Etats in der zweiten Lesung beantragten Resolutionen bedürfen der Unterstützung von 15 Mitgliedern. Die Abstimmung über diese Resolutionen erfolgt frühestens am dritten Tage, nachdem sie gedruckt und in die Hände der Mitglieder gekommen sind. Die Abstimmung ist bis nach endgülliger Festsetzung der Etatsposition auszusetzen, sofern der enge Zusammenhang mit der Etatsposuion es angezeigt erscheinen läßt oder ein von 30 Mitgliedern unterstützter Antrag es verlangt.“ (Dadurch anfgehoben der Beschl. v. 11. März 1886, Sten. Ber. 1885/86, S. 1443, 1446.) ) Die gesperrt gedruckten Worte finden sich erst in der Redaktion von 1876. 6!) Ragsbeschl. v. 12. März 1870 (Sten. Ber. S. 290 f.): „Auch wenn in einer zweiten Berathung über einen als Gesetz-Entwurf eingebrachten Initiativ-Antrag der Uebergang zur Tagesordnung über denselben beschlossen worden, ohne daß dessen einzelne Bestimmungen be- rathen und zur Abstimmung gelangt sind, darf nach dem Sinne des §. 19 der Geschäfts-Ordnung ein dritte Berathung nicht stattfinden.“