Vom 30. Jannar 1877. 209 8. 18. Der allgemeine Gerichtsstand des Fiskus wird durch den Sitz der Behörde be- stimmt, welche berufen ist, den Fiskus in dem Rechtsstreite zu vertreten. #. 19. Ist der Ort, an welchem eine Behörde ihren Sitz hat, in mehrere Gerichtsbezirke utheilt, so wird der Bezirl, welcher im Sinne der 8§8. 17, 18 als Sitz der Behörde gilt, für die Reichsbehörden von dem Reichskanzler, im Uebrigen von der Landesjustizverwaltung durch allgemeine Anordnung bestimmt. 20. Wenn Personen an einem Orte unter Verhältnissen, welche ihrer Natur nach auf einen Aufenthalt von längerer Dauer hinweisen, insbesondere als Dienstboten, Hand= und Fabrikarbeiter, Gewerbegehülfen, Studirende, Schüler oder Lehrlinge sich aufhalten, so ist das Gericht des Aufenthaltsorts für alle Klagen zuständig, welche gegen diese Personen wegen ver- mögensrechtlicher Ansprüche erhoben werden. Diese Bestimmung findet auf Militärpersonen, welche nur zur Erfüllung der Wehrpflicht dienen oder welche selbständig einen Wohnsitz nicht begründen können, in der Art Anwendung, daß an die Stelle des Gerichts des Aufenthaltsorts das Gericht des Garnisonorts tritt. Die Vorschrift des §. 14 findet entsprechende Anwendung. 8. 376. Oeffentliche Beamte, auch wenn sie nicht mehr im Dienste sind, dürfen über Umstände, auf welche sich ihre Pflicht zur Amtsverschwiegenheit bezieht, als Zeugen nur mit Genehmigung ihrer vorgesetzten Dienstbehörde oder der ihnen zuletzt vorgesetzt gewesenen Dienst- behörde vernommen werden.!) Für den Reichskanzler bedarf es der Benehmigung des Kaisers, für die Minister der Genehmigung des Landesherrn, für die Mitglieder der Senate der freien Hansestädte der Genehmigung des Senats. Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn die Ablegung des Zeugnisses dem Wohle des Reichs oder eines Bundesstaates Nachtheil bereiten würde. » ch Die Genehmigung ist durch das Prozeßgericht einzuholen und dem Zeugen bekannt zu machen. 8. 382. Der Reichskanzler, die Minister eines Bundesstaates, die Mitglieder der Senate der freien Hansestädte, die Vorstände der obersten Reichsbehörden und die Vorstände der Mini- sterien sind an ihrem Amtssitze oder, wenn sie sich außerhalb desselben aufhalten, an ihrem Aufenthaltsorte zu vernehmen. ç 1 Die Mitglieder des Bundesraths sind während ihres Aufenthalts am Sitze des Bundes- raths an diesem Sitze, die Mitglieder einer deutschen gesetzgebenden Versammlung während der Sitzungsperiode und ihres Aufenthalls am Orte der Versammlung an diesem Orte zu vernehmen. Zu einer Abweichung von den vorstehenden Bestimmungen bedarf es: in Betreff des Reichskanzlers der Genehmigung des Keisers, in Vetreft tuer Minister und der Mitglieder des Bundesraths der Genehmigung des andesherrn in #teeft der Mitglieder der Senate der freien Hansestädte der Genehmigung des enats, in Bee der übrigen vorbezeichneten Beamten der Genehmigung ihres unmittelbaren orgesetzten, in Vereff der Mitglieder einer gesetzgebenden Versammlung der Genehmigung der etzteren. 8. 383. Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt: 5. Personen, welchen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Thatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch die Natur derselben oder durch gesetzliche Vorschrift beboten it. in Betreff der Thatsachen, auf welche die Verpflichtung zur Verschwiegen- eit si ezieht. Z (Abs. 3.) Die Vernehmung der Nr. 4, 5 bezeichneten Personen ist, auch wenn das Zeugniß nicht verweigert wird, auf Thatsachen nicht zu richten, in Ansehung welcher erhellt, daß ohne Verletzung der Verpflichtung zur Verschwiegenheit ein Zeugniß nicht abgelegt werden kann. 6. 385. (Abs. 2.) Die im §. 383 Nr. 4, 5 bezeichneten Personen dürfen das Zeugniß nicht verweigern, wenn sie von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden sind. Z#. 402. Auf den Beweis durch Sachverständige finden die Vorschriften über den Beweis durch Zeugen entsprechende Anwendung, insoweit nicht in den nachfolgenden Paragraphen ab- weichende Bestimmungen enthalten sind. 1) Vgl. RBG. 8 11 f. (oben S. 126). Triepel, Quellensammlung. 14