Nr. 98. Revidirte Geschäftsordnung für den Bundesrath. Vom 26. April 1880. 227 Nr. 08. Revidirte Geschäftsordnung für den Bundesratbh. Vom 26. April 1880.7) (Protokolle des Bundesraths 1880, Anl. zu 8 323. Vergl. Allgemeine Zeitung 1880 Nr. 142, S. 2058; v. Poschinger, Fürst Bismarck und der Bundesrath IV S. 205.2) I. Vertretung der Staaten im Bundesrath. §. 1. Die Mitglieder des Bundes können für die von ihnen zu ernennenden Bevoll- mächtigten Stellvertreter aufstellen, welche, im Fall der Verhinderung von Hauptbevollmächtig- ten, für dieselben als Mitglieder in den Bundesrath eintreten. ½m2 8. Die Vertretung mehrerer Staaten durch Einen Bevollmächtigten ist nur auf Grund von Vollmachten zulässig, welche von den Regierungen auf bestimmte Personen ausgestellt sind. v Jeder stimmführende Bevollmächtigte kann in Verhinderungsfällen den Bevollmächtigten eines anderen Bundesstaats substituiren, die Substitution gilt jedoch nie länger als für Eine Sitzung. In der nächstfolgenden Sitzung kann nur ein Bevollmächtigter der Regierung dieselbe vertreten. Von der Substitution wird dem Reichskanzler unverzüglich Mittheilung gemacht. l 3. Von einem durch den Reichskanzler für jede Session des Bundesraths zu bestim- menden Zeitpunkte an sollen die wichtigeren Geschäftsaufgaben des Bundesraths und insbesondere die Gesetzesvorlagen in möglichst rasch sich folgenden Sitzungen, welchen die ersten Bevollmäch- tigten der Regierungen anwohnen werden, zur definitiven Erledigung gebracht werden. Werden die hier behandelten Angelegenheiten nochmals Gegenstand der Beschlußnahme des Bundesraths, so wird der Reichskanzler, behufs Ermöglichung der Theilnahme der ersten Bevollmmächtigten, die Einleitung treffen, daß jene Angelegenheiten möglichst gleichzeitig er- edigt werden. Vorlagen, welche nicht früher als drei Wochen vor dem vom Reichskanzler bestimmten Zeitpunkt an den Bundesrath gelangen, werden in der laufenden Session nur dann endgültig festgestellt, wenn sie durch Mehrheitsbeschluß als dringlich erklärt werden. ç 8. Stellvertretende Bevollmächtigte, welche nicht an die Stelle von Hauptbevollmäch- tigten getreten sind, können den Sitzungen des Bundesraths und der Ausschüsse anwohnen, ohne an den Berathungen theilzunehmen. Beamte, welche von Bundesraths-Mitgliedern zu deren Hülfe bei den Verhandlungen des Bundesraths zwgeagen werden sollen, sind dem Vorsitzenden zuvor anzumelden und können mit Genehmigung der Versammlung der Berathung anwohnen. Auf Verlangen des Bevollmächtig- ten, zu dessen Hülfe sie zugezogen sind, erhalten sie das Wort zur Ertheilung von Auskunft. 8.5 ie durch den Statthalter für Elsaß-Lothringen in den Bundesrath abgeordneten Kommissare (Gesetz, betreffend die Verfassung und Verwaltung Elsaß-Lothringens, vom 4. Juli 1879 §F. 7)#) können an den Berathungen des Bundesraths und seiner Ausschüsse theilnehmen. Sie können im Verlaufe der Diskussion eines auf die Tagesordnung gesetzten Gegenstandes An- träge stellen, auch mit Referaten beauftragt werden. ç Die Vorlagen für den Bundesrath und diejenigen Ausschüsse, an deren Berathungen die Kommissare theilnehmen, sind ihnen zuzustellen. !s*½b7- ç 6. Zu einem Beschlusse des Bundesraths, welcher nicht eine Veränderung der Reichs- verfassung zum Begenstande hat (Art. 78 der Verf.),) genügt die einfache Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Präsidiums (Art. 7 ebendas.).)) Diese Stimme muß in der Mehrheit enthalten sein bei einem Beschlusse * 1. über Gesetzesvorschläge, welche Aenderungen in den bestehenden Einrichtungen des Militärwesens und der Kriegsmarine herbeiführen (Art. 5 ebendas.),) 2. über Gesetzesvorschläge, welche Aenderungen im Zollwesen oder in der Besteuerung des im Bundesgebiete gewonnenen Salzes und Tabacks, bereiteten Branntweins und Biers und aus Rüben oder anderen inländischen Erzeugnissen dargestellten Zuckers und Syrups herbeiführen (Art. 5 und 35 ebendafs.),)) Z„ Z 3. iber die Auflösung des Reichstags während der Dauer der Legislaturperiode (Art. 24 endas.), *•5 4. über Vorschläge auf Abänderung der Verwaltungsvorschriften und Einrichtungen, welche zur Ausführung der unter Nr. 2 bezeichneten Gesetze, sowie derjenigen gesetz- 1) Die erste Geschäftsordnung des Bundesraths des Norddeutschen Bundes stammte vom 30. Aug. 1867 (Drucks. d. Bundesraths Nr. 6 u. Prot. 8 31), die erste Gesch. O. des Bundesraths im Deutschen Reiche vom 27. Febr. 1871 (Drucks. Nr. 16 u. Prot. 8. 43). Beide Abdrücke sind aber ungenaul 2) Oben S. 220. )) Oben S. 19. 5) Oben S. 5. 5) Oben S. 4. !) Oben S. 9. 8) Oben S. 8. 15