304 Nr. 159. Gesetz über die Konsulargerichtsbarkeit. §. 2. Der Konsulargerichtsbarkeit sind unterworfen: 1. Deutsche, soweit sie nicht in dem Lande, in dem die Konsulargerichtsbarkeit aus- geübt wird, nach allgemeinen völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht der Exterri- torialität genießen; 2. Ausländer, soweit sie für ihre Rechtsverhältnisse durch Anordnung des Reichskanzlers!) oder auf Grund einer solchen dem deutschen Schutze unterstellt sind (Schutzgenossen). Den Deutschen (Abs. 1 Nr. 1) werden gleichgeachtet Handelsgesellschaften, eingetragene Genossenschaften und juristische Personen, wenn sie im Reichsgebiet oder in einem deutschen Schutzgebiet ihren Sitz haben, juristische Personen auch dann, wenn ihnen durch den Bundes- rath oder nach den bisherigen Vorschriften durch einen Bundesstaat die Rechtsfähigkeit verliehen worden ist. Das Gleiche gilt von offenen Handelsgesellschaften und Kommandugesellschaften, die in einem Konsulargerichtsbezirk ihren Sitz haben, wenn die persönlich haftenden Gesellschafter sämmtlich Deutsche sind. Andere als die bezeichneten Handelsgesellschaften, eingetragenen Genossen- schaften und juristischen Personen werden den Ausländern (Abs. 1 Nr. 2) gleichgeachtet. Durch Anordnung des Reichskanzlers oder auf Grund einer solchen kann bestimmt werden, daß die im Af 2 Satz 1 bezeichneten Handelsgesellschaften, eingetragenen Genossen- schaften und juristischen Personen, wenn Ausländer daran betheiligt sind, der Konsulargerichts- barkeit nicht unterstehen. " . Die Militärgerichtsbarkeit wird durch dieses Gesetz nicht berührt. Zweiter Abschnitt. Gerichtsverfassung. S#. 4. Die Konsulargerichtsbezirke werden von dem Reichskanzler nach Vernehmung des Ausschusses des Bundesraths für Handel und Verkehr bestimmt. 8§. 5. Die Konsulargerichtsbarkeit wird durch den Konsul (8. 2 des Gesetzes, betreffend die Organisation der Bundeskonsulate, vom 8. November 1867), ?,) durch das Konsulargericht und durch das Reichsgericht ausgeübt. ç · » .6.DerKonsultftzurAusübungdekGenchtsbarkettbefugt,wennerdazuvondem Reichskanzler ermächtigt wird. ç Z Der Reichskanzler kann neben dem Konsul sowie an dessen Stelle einen anderen Beamten die dem Konsul bei der Ausübung der Gerichtsbarkeit obliegenden Verrichtungen übertragen. 7. Der Konful ist zuständig: 1. für die durch das Gerichtsverfassungsgesetz, die Prozeßordnungen und die Konkurs- ordnung den Amtsgerichten zugewiesenen Sachen; 2. für die durch Reichsgesetze oder in Preußen geltende allgemeine Landesgesetze den Amtsgerichten übertragenen Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. . 8. Das Konsulargericht besteht aus dem Konsul als Vorsitzenden und zwei Beisitzern. In Strafsachen sind in der Hauptverhandlung vier Beisitzer zuzuziehen, wenn der Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verbrechen oder ein Vergehen zum Gegenstande hat, das weder zur Zuständigkeit der Schöffengerichte noch zu den in den 8§§. 74, 75 des Gerichts- —— bezeichneten Handlungen gehönt. Z 8. 9. Ist in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten die Zuziehung von zwei Beisitzern nicht ausführbar, so tritt an Stelle des Konsulargerichts der Konsul. Ist in Strafsachen die vorgeschriebene Zuziehung von vier Beisitzern nicht ausführbar, so genügt die Zuziehung von zwei Beisitzern. Die Gründe, aus denen die Zuziehung von Beisitzern nicht ausführbar war, müssen in dem Sigungsprotoroll angegeben werden. §. 10. Das Konsulargericht ist zuständig: 1. für die durch das erichtsverfaffungsgese und die Prozeßordnungen den Landgerichten in erster Instanz sowie den Schöffengerichten zugewiesenen Sachen; 2. für die Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die Entscheidungen des Konsuls in Strassachen. Z « 8. 11. In den vor das Konsulargericht gehörenden Sachen steht den Beisitzern ein unbeschränktes Stimmrecht zu. In den im 8. 10 Nr. 1 bezeichneten Sachen nehmen die Beisitzer nur an der mündlichen Verhandlung und an den im Laufe oder auf Grund dieser Verhandlung ergehenden Ent- scheidungen Theil; die sonst erforderlichen Entscheidungen werden von dem Konsul erlassen. — — —„ — Herzegowing: RG. v. 7. Juni 1880 (Rl. S. 146), VO. v. 23. Dez. 1880 (RBl. Ses'e ber Tunis: RG. v. 27. Juli 1883 (REBl. S. 263), VO. v. 21. Januar 1884 1) S. VO. v. 27. Okt. 1900 (CBl. S. 574). 2) Oben S. 50.