Vom 7. April 1900. 309 polizeiliche Vorschriften mit verbindlicher Kraft für die seiner Gerichtsbarkeit unterworfenen Personen zu erlassen und deren Nichtbefolgung mit Haft, Geldstrafe bis zum Betrage von ein- tausend Mark und Einziehung einzelner Gegenstände zu bedrohen. Diese Vorschriften sind sofort in Abschrift dem Reichskanzler mitzutheilen. gader Reichskanzler ist befugt, die von dem Konsul erlassenen polizeilichen Vorschriften aufzuheben. 1 Die Verkündung der polizeilichen Vorschriften sowie die Verkündung ihrer Aufhebung erfolgt in der für konsularische Bekanntmachungen ortsüblichen Weise, jedenfalls durch Anheftung an die Gerichtstafel. Siebenter Abschnitt. Besondere Vorschriften über das Verfahren in Strafsachen. 8§. 52. Der Konsul übt in Strafsachen die Verrichtungen des Amtsrichters und des Vorsitzenden der Strafkammer aus. #§. 53. Die Zustellungen, die Ladungen, die Vollstreckung von Beschlüssen und Ver- fügungen sowie die frafoollltreckung werden durch den Konsul veranlaßt. §. 54. Im vorbereitenden Verfahren ist die Beeidigung eines Zeugen oder Sachverstän- digen auch in den im §. 65 Abs. 2 der Strafprozeßordnung bezeichneten Fällen zulässig. Die Vorschriften des §. 126 der Strafprozeßordnung finden keine unwendung. 8. 55. Erhält der Konsul von dem Verdacht eines zur Zuständigkeit des Reichsgerichts oder der Schwurgerichte gehörenden Verbrechens Kenntniß, 405 hat er die zur Strafverfolgung erforderlichen Sicherheitsmaßregeln zu treffen sowie die Untersuchungshandlungen, in Ansehung deren Gefahr im Verzug obwaltet oder die Voraussetzungen des §. 65 Abs. 2 der Strafprozeß- ordnung zutreffen, vorzunehmen und demnächst die Akten der Staatsanwaltschaft bei dem ständigen deutschen Gericht, in Ermangelung eines solchen dem Ober-Reichsanwalte zu über- enden. Im letzteren Falle wird das zuständige Gericht von dem Reichsgerichte bestimmt. §. 56. Gehört die strafbare Handlung zur Zuständigkeit des Konsulargerichts oder des Konsuls, so ist an Stelle der Staatsanwaltschaft der Konsul zum Einschreiten berufen. Er stellt insbesondere die der Staatsanwaltschaft im vorbereitenden Verfahren obliegenden Ermittelungen an. u 57. Eine Vonnuntersuchung findet nicht statt. Z Z . 58. An die Stelle der öffentlichen Klage tritt in den Fällen, in denen nicht sofort das Haupwerfahren eröffnet wird, die Verfügung des Konsuls über die Einleitung des Straf- verfahrens gegen den Beschuldigten. Diese Verfügung hat die dem Angeschuldigten zur Last gelegte That unter Hervorhebung ihrer gesetzlichen Merkmale und des anzuwendenden Straf- gesetzes zu bezeichnen. Z Der Beschluß, durch den das Hauptverfahren eröffnet wird, hat auch die Beweismittel anzugeben. §. 59. Die Vorschrift des §. 232 der Strafprozeßordnung findet auch dann Anwendung, wenn nach dem Ermessen des Gerichts die zu erwartende Freiheitsstrafe nicht mehr als sechs onate beträgt. 8. 60. Den Umfang der Beweisaufnahme bestimmt das Gericht, ohne hierbei durch Anträge, Verzichte oder frühere Beschlüsse gebunden zu sein. §. 61. In das Protokoll über die Hauptverhandlung sind die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmung aufzunehmen. Woch 8. 62. In den Fällen der 88. 45, 449 der Strafprozeßordnung beträgt die Frist zwei ochen. 8. 63. Gegen die wegen Uebertretungen erlassenen Entscheidungen ist, sofern eine Ver- urtheilung auf Grund des §. 361 Nr. 3 bis 8 des Strafgesetzbuchs erfolgt oder nur auf Geld- strafe oder auf Geldstrafe und Einziehung erkannt wird, ein Rechtsmittel nicht zulässig. Im Uebrigen findet in Strafsachen gegen die Urtheile des Konsulargerichts das Rechts- mittel der Berufung statt. ç · .64.AufBeschwerdengegenEntscheidungendesKonsulösindetdieBorschriftdes §. 23 Abs. 1 der Strafprozeßordnung keine Anwendung. In den Fällen des §. 353 der Strafprozeßordnung ist der Konsul zur Abänderung seiner durch Beschwerde angefochtenen Entscheidung befugt. ç Z 8. 65. Die der Staatsanwaltschaft zustehenden Rechtsmittel können gegen die Ent- scheidungen des Konsulargerichts von dem Konsul eingelegt werden. Z Frist 8. 6 hor den Fällen der §§. 353, 355, 358, 360 der Strafprozeßordnung beträgt die zwei Wochen. 8. 67. Die Frist zur Anfechtung einer Entscheidung beginnt für den Nebenkläger im Falb des §. 439 der Strafprozeßordnung mit der Bekanntmachung der Entscheidung an den eschuldigten. §. 68. Der Konsul kann Zeugen und Sachverständige, die zur Rechtfertigung der Be-