174 Verfügung des Ministeriums des Kirchen- und Schulwesens, betreffend das höhere Mädchenschulwesen. Vom 11. Juli 1877. Nachdem in dem pro z2erabschiedeten Etat für Beiträge zu Gründung und Unterhaltung höherer Mädchenschulen sowie für die Beaufsichtigung derselben die erforder- lichen Mittel verabschiedet worden sind, wird behufs der Ausführung hiemit Nachstehen- des verfügt: 1) Als höhere Mädchenschule ist zu betrachten eine Schule, welche ihre Zög- linge bis zum 16. Lebensjahr, wo möglich in 9jähriger Schulzeit oder doch jedenfalls von der Mittelstufe (vom 4. Schuljahr) an unterrichtet und denselben den Besitz der zur höheren weiblichen Bildung gehörigen ethischen, sprachlichen und realistischen Kenntnisse und Fertigkeiten gewährt. 2) Demgemäß soll der Lehrplan umfassen: Religion (einschließlich Kirchengeschichte), Geschichte, Deutsche Sprache und Literatur, französische und englische Sprache, Rechnen, Naturkunde (Naturgeschichte, das Wichtigste aus Physik und Chemie, Gesundheitslehre), Geographie, ferner Schönschreiben, Zeichnen, Handarbeiten, Singen, Turnen. 3) Zum Vorstand einer höheren Mädchenschule ist in der Regel ein akademisch gebildeter Mann zu bestellen, wie auch wo möglich ein oder einige akademisch gebildete Lehrer zu wünschen sind. 4) Außerdem werden für die Vorstände, die Lehrer und die Lehrerinnen an solchen Schulen angemessene Gehalte verlangt. 5) Es ist zu wünschen, daß Gemeinden selbst auf ihre Rechnung solche Schulen gründen und unterhalten, oder daß sie wenigstens, falls die Gründung von einem Pri- vaten oder einem Vereine (Elternvereine r2c.) ausgeht, hiezu ihre Unterstützung leihen, wie durch unentgeltliche Ueberlassung eines Unterrichtslokals, wo möglich mit Heizung und Beleuchtung, oder durch Aussetzung eines festen Geldbeitrags, wofür das- jenige, was der Gemeinde dadurch an sonstigen Schulkosten erspart wird, als Minimum zu betrachten ist. 6) Unter der Voraussetzung, daß eine Gemeinde zu Gründung und Unterhaltung einer höheren Mädchenschule eine entsprechende Leistung (vergl. Ziffer 5) macht, daß für den Besuch derselben ein angemessenes Schulgeld angesetzt wird, sowie daß die betreffende Schule nach ihrer Organisation, ihrem Lehrplan, ihrem Vorstands= und Lehrerpersonal