354 Geschwister, der Ehegatte oder Vormund des Verurtheilten die Gnade anrufen. Es ist jedoch der Verurtheilte über seinen Beitritt zu dem Begnadigungsgesuche zu vernehmen, ausgenommen, wenn dasselbe von dem Vater oder Vormund eines noch nicht 16 Jahre alten Verurtheilten eingereicht ist. Tritt der Verurtheilte nicht bei, so ist seine ablehnende Erklärung mit dem Begnadigungsgesuche zur Entscheidung vorzulegen. 8. 2. Die Erledigung eines Begnadigungsgesuchs kann, sofern nicht die Bitte um Nieder- schlagung des Verfahrens beabsichtigt ist, erst dann erfolgen, wenn die Entscheidung, durch welche die Strafe verhängt wurde, rechtskräftig geworden ist. Ist von dem Verurtheilten oder einem derjenigen, welche von den zuläßigen Rechts- mitteln nach §. 340 Abs. 1 der Reichs-Strafprozeßordnung selbständig Gebrauch machen können, um Begnadigung gebeten worden, während dem einen oder dem andern die Verfolgung des Rechtswegs noch möglich war, so ist, sofern hiedurch allein die Erledigung des Be- gnadigungsgesuchs aufgehalten erscheint, demjenigen von ihnen, welcher das Rechtsmittel eingelegt hatte oder noch einzulegen berechtigt ist, über das der Erledigung des Begnadigungs- gesuchs entgegenstehende Hinderniß Eröffnung zu machen und zu überlassen, ob die zu Beseitigung desselben geeigneten Erklärungen über die Zurücknahme des Rechtsmittels oder den Verzicht auf die Einlegung desselben abgegeben werden wollen. 8. 3. Begnadigungsgesuche sind anzubringen: 1) wenn ein vollstreckbarer Strafbefehl ergangen ist oder wenn in erster Instanz von dem Amtsrichter oder Schöffengericht erkannt worden ist, bei dem Amtsgericht, 2) in Strafsachen, in welchen in erster Instanz von den Strafkammern der Land- gerichte oder von den Schwurgerichten erkannt worden, bei der Staatsanwaltschaft des betreffenden Landgerichts, 3) hinsichtlich der Ordnungs= und Disziplinarstrafen bei dem Beamten oder der Behörde, von welchen die Strafverfügung ausgieng, oder bei der Behörde, bei welcher der Beamte, von dem die Strafe ausgesprochen worden, Dienste leistet. Ist eine solche Strafe von einer Ortsbehörde in Beziehung auf eine der gerichtlichen Beaufsichtigung unterliegenden Angelegenheit angesetzt worden, so ist das Gesuch bei dem der Ortsbehörde vorgesetzten Amtsgericht anzubringen.