Reichs-Gesetzblatt. № 11. Inhalt: Impfgesetz. S. 31. (Nr. 996.) Impfgesetz. Vom 8. April 1874. Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen ect. verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt: §. 1. Der Impfung mit Schutzpocken soll unterzogen werden: 1) jedes Kind vor dem Ablaufe des auf sein Geburtsjahr folgenden Kalender- jahres, sofern es nicht nach ärztlichem Zeugniß (§. 10) die natürlichen Blattern überstanden hat; 2) jeder Zögling einer öffentlichen Lehranstalt oder einer Privatschule, mit Ausnahme der Sonntags- und Abendschulen, innerhalb des Jahres, in welchem der Zögling das zwölfte Lebensjahr zurücklegt, sofern er nicht nach ärztlichem Zeugniß in den letzten fünf Jahren die natürlichen Blattern überstanden hat oder mit Erfolg geimpft worden ist. §. 2. Ein Impfpflichtiger (§. 1), welcher nach ärztlichem Zeugniß ohne Gefahr für sein Leben oder für seine Gesundheit nicht geimpft werden kann, ist binnen Jahresfrist nach Aufhören des diese Gefahr begründenden Zustandes der Impfung zu unterziehen. Ob diese Gefahr noch fortbesteht, hat in zweifelhaften Fällen der zuständige Impfarzt (§. 6) endgültig zu entscheiden. §. 3. Ist eine Impfung nach dem Urtheile des Arztes (§. 5) erfolglos geblieben, so muß sie spätestens im nächsten Jahre und, falls sie auch dann erfolglos bleibt, im dritten Jahre wiederholt werden. Die zuständige Behörde kann anordnen, daß die letzte Wiederholung der Impfung durch den Impfarzt (§. 6) vorgenommen werde. Reichs-Gesetzbl. 1874. 11 Ausgegeben zu Berlin den 11. April 1874.