— 346 — Bis zum Betrage der geleisteten Entschädigung tritt die Kasse in die Rechte ein, welche dem Entschädigten gegen Dritte um deswillen zustehen, weil durch deren rechtswidrige Handlungen seine Verurtheilung herbeigeführt war. §. 4. Ueber die Verpflichtung der Staatskasse zur Entschädigung wird durch be— sonderen Beschluß des im Wiederaufnahmeverfahren erkennenden Gerichts Be— stimmung getroffen. Der Beschluß ist von dem Gerichte gleichzeitig mit dem Urtheile zu fassen, aber nicht zu verkünden, sondern durch Zustellung bekannt zu machen. Der Be— schluß unterliegt nicht der Anfechtung durch Rechtsmittel. Er tritt außer Kraft, wenn das Urtheil aufgehoben wird. §. 5. Wer auf Grund des die Verpflichtung der Staatskasse zur Entschädigung aussprechenden Beschlusses einen Anspruch geltend macht, hat diesen Anspruch bei Vermeidung des Verlustes binnen drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses durch Antrag bei der Staatsanwaltschaft zu verfolgen. Der Antrag ist bei der Staatsanwaltschaft desjenigen Landgerichts zu stellen, in dessen Bezirke das Ur- theil ergangen ist. Ueber den Antrag entscheidet die oberste Behörde der Landesjustizverwaltung. Eine Ausfertigung der Entscheidung ist dem Antragsteller nach den Vorschriften der Civilprozeßordnung zuzustellen. Gegen die Entscheidung ist die Berufung auf den Rechtsweg zulässig. Die Klage ist binnen einer Ausschlußfrist von drei Monaten nach Zustellung der Ent- scheidung zu erheben. Für die Ansprüche auf Entschädigung sind die Civil= kammern der Landgerichte ohne Rücksicht auf den Werth des Streitgegenstandes ausschließlich zuständig. Bis zur endgültigen Entscheidung über den Antrag ist der Anspruch weder übertragbar, noch der Pfändung unterworfen. §. 6. In den zur Zuständigkeit des Reichsgerichts in erster Instanz gehörigen Sachen ist statt der Staatskasse die Reichskasse ersatzpflichtig. In diesen Fällen tritt an die Stelle der Staatsanwaltschaft des Land- gerichts die Staatsanwaltschaft bei dem Reichsgericht, an die Stelle der obersten Behörde der Landesjustizyerwaltung der Reichskanzler. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel. Gegeben Berlin im Schloß, den 20. Mai 1898. (L. S.) Wilhelm. Fürst zu Hohenlohe.