— 372 — Fünfter Abschnitt. Verfahren vor dem Gemeindevorsteher. §. 76. Ist ein zuständiges Gewerbegericht nicht vorhanden, so kann bei Streitig- keiten der im §. 4 Abs. 1 Nr. 1 und 5 bezeichneten Art jede Partei die vor- läufige Entscheidung durch den Vorsteher der Gemeinde (Bürgermeister, Schult- heiß, Ortsvorsteher u. s. w.) nachsuchen. Zuständig ist der Vorsteher der Gemeinde, in deren Bezirke die streitige Verpflichtung aus dem Arbeitsverhältnisse zu erfüllen ist oder sich die gewerbliche Niederlassung des Arbeitgebers befindet oder beide Parteien ihren Wohnsitz haben. Den Parteien ist Gelegenheit zu geben, ihre Ausführungen und Beweis- mittel in einem Termine vorzubringen. Eine Beweisaufnahme durch Ersuchen anderer Behörden findet nicht statt; Vereidigungen find nicht zulässig. Kommt ein Vergleich zu Stande, so ist ein Protokoll darüber aufzunehmen und von den Parteien und dem Gemeindevorsteher zu unterschreiben. §. 77. Die Entscheidung des Gemeindevorstehers ist schriftlich abzufassen; sie geht in Rechtskraft über, wenn nicht binnen einer Nothfrist von zehn Tagen von einer der Parteien Klage bei dem ordentlichen Gericht erhoben wird. Die Frist beginnt mit der Verklindung, gegen eine bei der Verkündung nicht anwesende Partei mit der Behändigung der Entscheidung. Die Entscheidungen des Gemeindevorstehers sind von Amtswegen für vor- läufig vollstreckbar zu erklären. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht auszusprechen, wenn glaubhaft ge- macht wird, daß die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nach- theil bringen würde; auch kann sie von einer vorgängigen Sicherheitsleistung ab- hängig gemacht werden. Ist rechtzeitig Klage erhoben, so findet der §. 707 der Civilprozeßordnung entsprechende Anwendung. §. 7S. Die vor dem Gemeindevorsteher geschlossenen Vergleiche sowie die rechts- kräftigen oder vollstreckbaren Entscheidungen desselben sind, sofern die Partei es beantragt, auf Ersuchen des Gemeindevorstehers durch die Ortspolizeibehörde nach den Vorschriften über das Verwaltungszwangsverfahren zu vollstrecken. Ein un- mittelbarer Zwang zur Vornahme einer Handlung ist nur im Falle des §. 127 4 der Gewerbeordnung zulässig; die Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrage kann durch Geldstrafen nicht erzwungen werden. Wo ein Verwaltungszwangs- verfahren nicht besteht, finden die Bestimmungen über die Zwangsvollstreckung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.