II. Bekämpfung der Pocken. Als das wirksamste Mittel zur Bekämpfung der Pocken ist die Schutzpocken- impfung anzusehen, deren Durchführung durch das Impfgesetz vom 8. April 1874 (Reichs-Gesetzbl. S. 31) und die hierzu ergangenen Vollzugsvorschriften geregelt ist. Wo auf Grund landesrechtlicher Bestimmungen Zwangsimpfungen beim Aus- bruch einer Pockenepidemie zulässig sind (vergleiche 9 18 Abs. 3 des Impfgesetzes vom 8. April 1874 — Reichs-Gesetzbl. S. 31 —), ist darauf hinzuwirken, daß gegebenenfalls alle der Ansteckung ausgesetzten Personen, sofern sie nicht die Pocken überstanden haben oder durch Impfung hinreichend geschützt sind, sich impfen lassen. Wo Zwangsimpfungen nicht zulässig sind, ist in geeigneter Weise auf die Durchführung der Schutzpockenimpfung hinzuwirken. Dies gilt besonders für die Bewohner und Besucher eines Hauses, in welchem die Pocken aufgetreten sind, wie für das Pflegepersonal, die Arzte, die Studierenden der Medizin, welche klinische Vorlesungen besuchen, ferner für die bei der Einsargung von Pockenleichen beschäftigten Personen, für Desinfektoren sowie für Arbeiter in ge- werblichen Anlagen, welche den Ausgangspunkt von Pockenerkrankungen gebildet haben. Außerdem wird folgendes bestimmt: 1. Zu 99. 12, 13. Diejenigen Personen, welche mit einer an den Pocken erkrankten oder verstorbenen Person unmittelbar oder, wie zum Beispiel Arbeits- genossen, unter Umständen auch Boten, Briefträger und dergleichen, nur mittelbar in Berührung gekommen sind, ferner die Bewohner eines Hauses, in welchem ein Pockenfall festgestellt ist, sowie Arbeiter, welche mit Sachen, die möglicher- weise den Krankheitsstoff an sich tragen (Hadern, Haare) Bettfedern und der- gleichen), umgegangen sind (ansteckungsverdächtige Personen), sind einer Be- obachtung zu unterstellen, soweit nicht schärfere Maßregeln nach Nr. 2 zu er- greifen sind oder vom beamteten Arzte aus besonderen Gründen für erforderlich erklärt werden. Die Beobachtung soll nicht länger als vierzehn Tage, gerechnet vom Tage der letzten Ansteckungsgelegenheit, dauern. Sie ist in schonender Form und so vorzunehmen, daß Belästigungen tunlichst vermieden werden. Sie wird in der Regel darauf beschränkt werden können, daß durch einen Arzt oder durch eine sonst geeignete Person zeitweise Erkundigungen über den Gesundheits- zustand der betreffenden Personen eingezogen werden. Erklärt der beamtete Arzt es für erforderlich, daß die der Beobachtung unterstellten Personen Wirtshäusern, Spielplätzen, öffentlichen Versammlungsorten und gemeinschaftlichen Arbeitsstätten fern bleiben, oder sonst sich Verkehrsbeschränkungen unterwerfen, und sind diese Personen hierzu nicht bereit, so ist je nach Lage des Falles deren Absonderung gemäß Nr. 2 anzuordnen.