— 266 — (Nr. 3059.) Gesetz, betreffend Kaufmannsgerichte. Vom 6. Juli 1904. Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrats und des Reichstags, was folgt: Errichkung und Zusammensetzung der Kaufmannsgerichte. § 1. Zur Entscheidung von Streitigkeiten aus dem Dienst= oder Lehrverhältnisse zwischen Kaufleuten einerseits und ihren Handlungsgehilfen oder Handlungs- lehrlingen andererseits können bei vorhandenem Bedürfnisse Kaufmannsgerichte errichtet werden. Die Errichtung erfolgt für den Bezirk einer Gemeinde durch Ortsstatut nach Maßgabe des § 142 der Gewerbeordnung. Die Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde über die Genehmigung des Statuts ist binnen sechs Monaten zu erteilen. Die Entscheidung, durch welche die Genehmigung versagt wird, muß mit Gründen versehen sein. Mehrere Gemeinden können sich durch übereinstimmende Ortsstatuten zur Errichtung eines gemeinsamen Kaufmannsgerichts für ihre Bezirke vereinigen. Für die Genehmigung der übereinstimmenden Ortsstatute ist die höhere Ver- waltungsbehörde zuständig, in deren Bezirke das Kaufmannsgericht seinen Sitz haben soll. Auch für den Bezirk eines weiteren Kommunalverbandes kann ein Kauf- mannsgericht errichtet werden. Die Errichtung erfolgt in diesem Falle nach Maßgabe der Vorschriften, nach welchen Angelegenheiten des Verbandes statutarisch geregelt werden. Die Zuständigkeit eines solchen Gerichts ist ausgeschlossen, soweit die Zuständigkeit eines für eine oder mehrere Gemeinden des Bezirkes bestehenden oder später errichteten Kaufmannsgerichts begründet ist. Die Landes-Zentralbehörde kann auf Antrag beteiligter Kaufleute oder Handlungsgehilfen die Errichtung anordnen, wenn ungeachtet einer von ihr an die beteiligten Gemeinden oder den weiteren Kommunalverband ergangenen Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist die Errichtung auf dem in Abs. 2 bis 4 vorgesehenen Wege nicht erfolgt ist. Alle Bestimmungen, welche dieses Gesetz dem Statute vorbehält, erfolgen in diesem Falle durch Anordnung der Landes-Zentralbehörde. Vor der Errichtung sind sowohl Kaufleute als Handlungsgehilfen des Bezirkes in entsprechender Anzahl zu hören. § 2. Für Gemeinden, welche nach der jeweilig letzten Volkszählung mehr als zwanzigtausend Einwohner haben, muß ein Kaufmannsgericht errichtet werden.