— 649 — § 6 Die Reichskartoffelstelle hat zunächst zu versuchen, den angemeldeten Bedarf in freien Verkehre zu decken. Insoweit dies zu den Grundpreisen (§ 10), bei Lieferungen nach dem 31. Dezember 1915 zuzüglich einer Vergütung für Ver- wahrung (§ 8 Abs. 2) nicht möglich ist, kann sie bestimmen, welche Kartoffel- mengen aus den Kommunalverbänden an die Reichskartoffelstelle oder an die von dieser bezeichneten Personen abzugeben sind. Dabei sind den Kommunal- verbänden die zur Deckung ihres Bedarfs erforderlichen Mengen zu belassen. § 7 Zum Zecke der Sicherstellung der nach § 6 abzugebenden Mengen sind alle Kartoffelerzeuger mit mehr als 10 Hektar Kartoffelanbaufläche verpflichtet, 10 vom Hundert ihrer gesamten Kartoffelernte bis zum 29. Februar 1916 zur Verfügung des Kommunalverbandes zu halten. Die Kartoffeln müssen Speise- kartoffeln oder Kartoffeln sein, aus denen Speisekartoffeln verlesen werden können. Schuldhafte Zuwiderhandlungen gegen diese Verpflichtung begründen eine Schadensersatzpflicht gegenüber der Reichskartoffelstelle. Mit Zustimmung der Reichskartoffelstelle kann die Verpflichtung aufgehoben werden. Die Landeszentralbehörden oder die von ihnen bezeichneten Behörden können nähere Bestimmungen über die Durchführung der Verpflichtung aus Abs. 1 erlassen. § 8 Zur Beschaffung der nach § 6 abzugebenden Mengen kann das Eigentum an Vorräten der Kartoffelerzeuger mit mehr als 10 Hektar Kartoffelanbaufläche bis zur Höhe von 10 vom Hundert ihrer Ernte auf Antrag des Kommunal-- verbandes oder der Reichskartoffelstelle durch Anordnung der zuständigen Behörde einer in der Anordnung bezeichneten Person übertragen werden. Die Anordnung ist an den Besitzer der Vorräte zu richten; sobald sie dem Besitzer zugeht, geht das Eigentum über. Der Anordnung hat eine Aufforderung an den Besitzer voraus- zugehen, die zu enteignende, Menge innerhalb einer bestimmten Frist auszusondern. Der Enteignungspreis wird unter Berücksichtigung der Güte und Verwertbar- keit der Kartoffeln von der höheren Verwaltungsbehörde nach Anhörung von Sach- verständigen endgültig festgesetzt und darf den Grundpreis nach § 10 nicht über- steigen. Die höhere Verwaltungsbehörde bestimmt darüber, wer die baren Aus- lagen des Verfahrens zu tragen hat. Bei Enteignungen nach dem 31. Dezember 1915 kann die zuständige Be- hörde neben dem Enteignungspreis eine Vergütung für Verwahrung gewähren, die die von der Reichskartoffelstelle festgesetzten Höchstgrenzen nicht übersteigen darf. Über Streitigkeiten, die sich bei den Enteignungsverfahren ergeben, entscheidet vorbehaltlich der Vorschrift im § 5 Abs. 4 die höhere Verwaltungsbehörde endgültig.