158 Zweiter Abschnitt. (8. 39.) Gegen die Strafverfügung des Bürgermeisters steht dem Betroffenen binnen zwei Wochen die Beschwerde an den Regierungspräsidenten und gegen dessen Beschluß binnen gleicher Frist die Klage bei dem Oberverwaltungsgerichte offen.1 Die Ordnungsstrafen werden durch einfache mit Gründen versehene Verwaltungs- verfügung verhängt, nachdem dem Beamten zuvor Gelegenheit gegeben ist, sich wegen der ihm zur Last gelegten Pflichtverletzungen zu verantworten. Die Verfügung ist dem Betroffenen entweder schriftlich zuzufertigen oder zu Protokoll zu eröffnen. Ist die Pflichtverletzung eines städtischen Beamten eine so schwere, daß sie mit seinem ferneren Verbleiben in der Beamtenstellung unvereinbar erscheint, so kann die Einleitung des förmlichen Verfahrens mit dem Ziele auf Amtsentsetzung bei den vom Könige ernannten oder bestätigten Bürgermeistern von dem Minister des Innern, bei den übrigen städtischen Beamten von dem Regierungspräsidenten verfügt werden.? Gleich- zeitig ernennt die betreffende Behörde einen Kommissar, welcher die einen wesentlichen Teil des Disziplinarverfahrens bildende schriftliche Voruntersuchung zu führen hat. Nach Beendigung derselben werden die entstandenen Akten dem Bezirksausschuß als Dis- ziplinargericht vorgelegt. Gewinnt dieser aus den Ergebnissen der Voruntersuchung die Überzeugung, daß dem Angeschuldigten strafbare Dienstvergehen überhaupt nicht zur Last fallen, so kann er das Verfahren durch Beschluß einstellen" 7, gelangt er dagegen bei seiner Prüfung nicht zu dieser Überzeugung, so ist das Verfahren durch Anberaumung einer mündlichen Verhandlung fortzuführen und durch Urteil zu beendigen. Nachdem der stets vom Regierungspräsidenten zu ernennende Vertreter der Staatsanwaltschaft die Anklage erhoben hats, ladet der Bezirksausschuß den Angeschuldigten unter abschriftlicher Mitteilung der Anschuldigungsschrift zu einem Termine und entscheidet dann in nicht- öffentlicher Sitzung auf Grund mündlicher Verhandlung nach seiner freien, aus dem gesamten Inhalte der Verhandlungen und Beweise geschöpften Überzeugung über die An- schuldigung. Das Urteil kann auch auf eine bloße Ordnungsstrafe lauten, es muß stets mit Gründen versehen sein und wird in der Sitzung, in welcher die mündliche Ver- handlung beendet ist, oder in einem anzuberaumenden späteren Termine verkündet.“ Gegen das Urteil?' des Bezirksausschusses steht sowohl dem Vertreter der Staats- anwaltschaft wie dem Angeschuldigten die Berufung an den Disziplinarsenat des Ober- verwaltungsgerichtes zu. Dieselbe ist binnen vier Wochen vom Tage der Urteils- verkündigung, von dem bei der Verkündigung nicht zugegen gewesenen Angeschuldigten, binnen gleicher Frist vom Tage der Urteilszustellung beim Bezirksausschuß schriftlich oder zu Protokoll anzumelden und binnen weiterer 14 Tage, welche Frist vom Bezirksausschuß auf Antrag verlängert werden kann, zu rechtfertigen. Nachdem dann die Gegenerklärung vom Appellaten eingegangen, oder die für diese gesetzte Frist verstrichen ist, werden die Akten dem Disziplinarsenat des Oberverwaltungsgerichtes eingesandt, und dieser ent- scheidet gleichfalls nach mündlicher Verhandlung und unter freier Würdigung der Be- 1 Zust. G., §. 20, Z. 2 treters der Staatsanwaltschaft beim Bez. A. ! Diszipl. G., §§. 23, 24; Zust. G., §. 20, eingegangen ist, ist jede Einstellung des Ver- Z. 3; O. V. G., XVIII, S. 432. Das Ver- fahren auf Entfernung aus dem Amte findet keine Anwendung auf die gegen Kündigung oder unter Vorbehalt des Widerrufes angestell- ten Beamten. Die Entlassung dieser findet auch wegen eines Dienstvergehens stets nur im Wege der Kündigung oder des Widerrufes statt. : Diszipl. G., §§. 22, 23, 32. Uber die Be- deutung und Notwendigkeit der schriftlichen Voruntersuchung vgl. O. V. G., XII, S. 429; XV, S. 396. * Diszipl. G., §. 33; Zust. G., §. 20, Z. 3; L. V. G., §. 157; 3. 2. Erachtet der Bez. A. irgend eine Strafe, sei es auch nur eine Ord- nungsstrafe, für geboten, so darf er das Ver- fabren nicht durch Beschluß einstellen, sondern muß es fortfübren. O. V. G., XXVI, S. 418, bes. 424, 428. 5§ Sobald die Anschuldigungsschrift des Ver- fübrt der Präsident des Gerichtshofes. fabrens durch Beschluß ausgeschlossen. O. B. G., XXVI. S. 427, 428, besonders Anm. '. Diszipl. G., §§. 34—39 geben die ein- gehenderen Vorschriften über den Gang des Verfahrens. : Über die Anfechtung des Einstellungsbe- schlusses durch die fristlose Beschwerde aus L. V. G., s. 110, vgl. O. V. G., XXVI,. S. 427. * Diszipl. G., §. 42; Zust. G., §. 20, Z. 3. Der nach §. 1 des Gesetzes v. 8. Mai 1889 (G. S., S. 107) beim O. V. G. zu bildende Dis- ziplinarsenat besteht aus zwei Präsidenten und sieben Räten des Gerichtshofes. Den Vorsi ist zuständig zu Entscheidungen in den auf Entfer- nung aus dem Amte gerichteten Disziplinar- untersuchungen und in dem Verfahren, in wel- chem über die Thatsache der Dienstunfäbigkeit von Beamten Entscheidung getroffen wird.