Ortsgemeinden; das geltende Recht. (8. 67.) 257 S. 67. J) Die Beiträge. I. Beiträge sind von Grundbesitzern oder Gewerbetreibenden zu leistende Zuschüsse zu den Kosten der Herstellung und Unterhaltung oder auch nur der Herstellung solcher Gemeindeanlagen, welche zwar im öffentlichen Interesse erforderlich sind, jedoch gleich- zeitig für alle Grundbesitzer und Gewerbetreibenden in der Gemeinde oder doch für einen Teil derselben einen ganz besonderen wirtschaftlichen Vorteil mit sich bringen. Von den Steuern unterscheiden sich die Beiträge dadurch, daß sie nach dem Willen der Gemeinde eine Gegenleistung für ihre Veranstaltung sein sollen. Von den Gebühren unterscheiden sich die Beiträge zunächst durch den Kreis der verpflichteten Personen. Dieser ist teils ein engerer, teils ein weiterer; enger insofern, als zu den Beiträgen nur Grundeigentümer und Gewerbetreibende herangezogen werden dürfen, zur Zahlung von Gebühren dagegen jeder die Anstalt Benutzende verpflichtet ist, weiter aber insofern, als Gebühren nur von den thatsächlich Benutzenden, Beiträge dagegen von jedem Grund- besitzer und Gewerbetreibenden erhoben werden dürfen, der nach gewissen von der Ge- meinde festgestellten objektiven Merkmalen einen Vorteil von dem Vorhandensein der betreffenden Veranstaltung hat oder haben kann, gleichgültig ob der einzelne ein per- sönliches Interesse am Bestehen dieser Veranstaltung hat und die durch sie gebotenen Vorteile sich wirklich zu Nutzen macht. „Mit der Benutzung und der Inanspruchnahme steht und fällt der Begriff der Gebühr“, für den Begriff der Beiträge ist dagegen nicht die Benutzung, sondern das Vorhandensein eines besonderen ANutzens Voraus- setzung. Endlich liegt auch darin ein Unterschied zwischen diesen beiden Abgabenarten, daß die Gebühren, je nachdem die Benutzung erfolgt, jedesmalig oder fortdauernd zu entrichten sind, während es sich bei den Beiträgen begrifflich um einen einmaligen stellen sie sich als eine dem §. 8 des Freizügig- keitsgesetzes v. 1. Nov. 1867 gegenüber unstatt- hafte Aufenthaltssteuer dar? Dies ist nicht anzunehmen, sofern gerade für die Fremden be- sondere Veranstaltungen getroffen werden. Die Kurtaxen dürfen aber niemals als Gemeinde- abgaben erscheinen, welche auch von den Ge- meindeeinwohnern als solchen erhoben werden, denn zur Zahlung dieser wären die Fremden als Neuanziehende nach dem §. 8 cit. erst dann verpflichtet, wenn ihr Aufenthalt an dem betr. Kurorte den Zeitraum von drei Monaten über- stiegen hat. Vgl. Jastrow in Brauns Sozial- politischem Centralblatt 1893, S. 301 u. 371; derselbe, Preuß. Steuerbuch 1894, S. 70; Nöll, S. 34; Adickes, S. 311, Anm. 4. 1 K. A. G., §. 9, Abs. 1; Ausf. Anw., Art. 7, Z. 1; Mot. z. K. A. G., S. 40. Über den Be- griff der Beiträge vgl. ferner: v. Reitzenstein in v. Stengels Wörterbuch des deutschen Ver- waltungsrechts, I1, S. 504; derselbe in Schön- bergs Hdbch. der polit. Okonomie, 3. Aufl., III, S. 695, und Eheberg in Conrads u. s. w. Handwörterbuch, III, S. 772. Wenn auch alle diese wissenschaftlichen Begriffsbestimmungen darin übereinstimmen, daß die Beitragsleistung durch Grundbesitz bedingt sei, und daß also nur Grundbesitzer zu ihr herangezogen werden können, so kann dies für die Auslegung des K. A. G. doch nicht maßgebend sein. Man darf nicht mit Nöll (S. 21, Anm. 7, u. S. 19, Anm. 1, Abs. 3) annehmen, daß auch Gewerbetreibende nur dann zu Beiträgen herangezogen werden. können, wenn sie Eigentümer von Grundstücken Schoen. sind, welche dem Gewerbebetriebe dienen. Das Gesetz stellt die Gewerbetreibenden schlechthin, also ohne Rücksicht darauf, ob sie Grundbesitz haben oder nicht, den Grundbesitzern gleich. Es können also sehr wohl, wie es das Abgeordneten- haus annahm (Stenogr. Ber. des A. H., S. 2286), zu den Kosten eines öffentlichen Schlachthauses auch die nicht grundbesitzenden Schlächtermeister in der Gemeinde mit Beiträgen herangezogen werden. Ob dies zweckmäßig oder der Billigkeit entsprechend wäre, ist eine hier nicht zu erörternde Frage. Ubrigens giebt es auch in der dem K. A.G. vorangehenden Litteratur schon Schriftsteller, welche die Beitragsleistung nicht durch Grund- besitz bedingt sein lassen: v. Bilinski, Die Ge- meindebesteuerung und deren Reform, S. 19 ff.; Leidig, S. 325. Auch die badische Gesetzgebung, welche sich allein außer der preußischen mit dem Institut der Beiträge befaßt hat, läßt die Heran- ziehung von Nichtgrundbesitzern mit Beiträgen zu. Vgl. bad. G. O. und St. O., Art. 72;: „wenn eine zur Erfüllung von Gemeindezwecken aufgeführte Einrichtung . durch ihre Herstellung an sich ein- zelnen gewerblichen Unternehmungen, einzelnen Grundstücken oder abgegrenzten Teilen des Ge- meindebezirkes in hervorragendem Maße beson- deren Nutzen bietet, so können die Interessenten bezw. die Eigentümer der betr. Liegenschaften (also nicht nur Grundeigentümer!) zur Deckung eines entsprechenden Teiles der Herstellungs- oder Unterhaltungskosten durch besondere Bei- träge verpflichtet werden"“. Gegen Nöll jetzt auch Strutz, S. 50, Anm. 6. 17