Kreisgemeinden; das geltende Recht. (8. 117.) 405 einem Jahre dem Kreise durch Grundbesitz oder Wohnsitz angehören, und außerdem zur Bekleidung der Stelle eines Landrats im Sinne des Gesetzes geeignet sein. „Geeignet“ sind aber nur Personen, welche 1) die Befähigung zum höheren Justiz= oder Verwaltungsdienste erlangt haben, oder 2) seit mindestens einem Jahre dem Kreise durch Grundbesitz oder Wohnsitz an- gehören und zugleich mindestens während eines vierjährigen Zeitraumes entweder a) als Referendare im Vorbereitungsdienste sowohl bei Gerichten als auch bei Verwaltungs- behörden oder b) in Selbstverwaltungsämtern des betreffenden Kreises, des Bezirks oder der Provinz — jedoch nicht lediglich als Stellvertreter in solchen Amtern oder als Mit- glieder von Kreiskommissionen — thätig gewesen sind. Auf den Zeitraum von vier Jahren kann den zu 2b bezeichneten Personen eine Beschäftigung bei höheren Verwal= tungsbehörden bis zur Dauer von zwei Jahren in Anrechnung gebracht werden. Der Vorschlag des Kreistages ist für den König in keiner Weise bindend, er kann auch eine nicht präsentierte geeignete Person zum Landrat ernennen.-7 Ebenso wie die Landräte werden die an der Spitze der vier hohenzollernschen Ober- amtsbezirke stehenden Oberamtmänner vom Könige ernannt; den Amtsversammlungen ist ein Vorschlagsrecht jedoch nicht eingeräumt." II. Für die Kreiskommunalverwaltung kommt der Landrat, abgesehen von Posen, nicht als Einzelbeamter, sondern nur als Vorsitzender des Kreisausschusses, also nur als Mitglied der kollegialischen Kreisverwaltungsbehörde in Betracht.¾ In dieser Eigenschaft steht ihm nicht allein die Einberufung des Ausschusses und das Präsidium in den Sitzungen desselben zus, sondern er hat wie jeder Vorsitzende eines Kollegiums den ganzen Geschäftsgang desselben zu leiten und zu beaufsichtigen und für die prompte Er- ledigung der Geschäfte zu sorgen." Er bereitet die Beschlüsse des Ausschusses vor und trägt für ihre Ausführung Sorge, wobei er einzelne Angelegenheiten einem Mitgliede des Ausschusses zur selbständigen Bearbeitung übertragen kann. Er allein führt alle laufenden Geschäfte der dem Ausschusse übertragenen Verwaltung; in den nicht zur laufenden Verwaltung zu rechnenden Kreiskommunalangelegenheiten kann er dagegen von sich aus nur insoweit Entscheidung treffen, als er hierzu durch den Kreistag oder durch den Kreisausschuß besonders ermächtigt ist. Als Vorsitzender des Kreisausschusses ist der Landrat der Dienstvorgesetzte sämt- licher Kreiskommunalbeamten. Er vertritt den Kreisausschuß nach außen, verhandelt namens desselben mit Behörden und Privatpersonen, führt den Schriftwechsel und zeichnet alle Schriftstücke namens des Ausschusses. Urkunden jedoch, mittels deren die Kreis- korporation Verpflichtungen übernimmt, und desgleichen Vollmachten müssen unter 1 Kr. O. ö., §. 74; w. u. rh., §. 30; hann., §. 22; hess.= nass., §. 24; schlesw.--Holst., §. 66. Vgl. dazu v. Brauchitsch, II, S. 120 ff., zollern vgl. Ges. v. 7. Jan. 1852 (G. S., S. 35), §. 3 (Ernennung); Ges. v. 11. März 1879 (G. S., S. 160), §. 16, u. Ges. v. 23. Mai Anm. 277—287. 2 Nur hinsichtlich der zu 1) bezeichneten Per- sonen ist das Vorschlagsrecht des Kreistages be- schränkter als das Ernennungsrecht des Königs. Der König kann jeden, der die große Staats- prüfung als Regierungs= oder Gerichtsassessor bestanden hat, zum Landrat ernennen. Der Kreistag kann dagegen auch solche Personen nur dann in Vorschlag bringen, wenn sie dem Kreise seit einem Jahre durch Grundbesitz oder Wohnsitz angehören. 2 In den beiden rheinischen Kreisen Neuwied und Wetzlar ist vor Ernennung des Landrats der Fürst zu Wied bezw. der Fürst zu Solms- Braunsfeld und zu Solms-Hohensolms-Lich zu hören, ebenso vor Ernennung des Landrats des Kreises Wernigerode der Graf zu Stolberg= Wernigerode. Kr. O. rh., §. 99, Z. 2, und Ges. v. 18. Juni 1876 (G. S., S. 245; auch abgedruckt bei v. Brauchitsch, II, S. 174 ff.), §. 1, Z. 2. * Betreffs der Oberamtmänner in Hohen- 1883 (G. S., S. 99) (Befähigung). 5 Aber auch in dieser Eigenschaft stebt der Landrat unter der Aufsicht und Disziplin des Regierungspräsidenten. Die für die anderen Kreisausschußmitglieder bestehenden Disziplinar= vorschriften gelten für ihn nicht. M. Erl. v. 8. Aug. 1874 (V. M. Bl., S. 171). * Vgl. oben S. 402. 7 Vgl. Abs. 1 der oben S. 402, Anm. 4 cit. 88. der Kr. Ordngn. s über den Begriff der laufenden Geschäfte, der besonders bei Beratung der Prov. O. im A. H. erörtert wurde, vgl. unten 8. 137 unter 2. Der Landrat steht jedoch dem Kr. A. gegenüber selbst- ständiger da als der Landesdirektor dem Prov. A. gegenüber, denn er verwaltet auch die laufenden Geschäfte nicht wie dieser „unter Aufsicht“ des Ausschusses. * Vgl. v. Brauchitsch, II, S. 160, Anm. 49.