II. Der schweizerische Bundesrat. Eine geringe Aehnlichkeit mit der Organisation unserer Reichsregierung zeigt die Einrichtung der höchsten Exekutiv- behörde in einem anderen Bundesstaate, in der Schweiz). „Die oberste vollziehende und leitende Behörde der Eid- genossenschaft ist ein Bundesrat, welcher aus sieben Mitgliedern besteht“, (Art. g5 der Schweizerischen Bundesverfassung vom 2g. Mai 1874.) Der Bundesrat hat eine Doppelstellung. Er ist Staatsoberhaupt und zugleich Ministerium ?). Der Bundesrat, der von der Bundesversammlung (Nationalrat und Ständerat) auf 3 Jahre gewählt wird), ist eine Kollegial- behörde. Den Vorsitz führt der aus seinen Mitgliedern von der Bundesversammlung für ein Jahr gewählte Bundespräsident und in dessen Verhinderung der Vizepräsident (Art. 98 B.Verf.). Der Bundespräsident vertritt nach innen und außen die Eidgenossen- t) Smend, S. 34I weist auf ähnliche Personalunionen hin wie die der Art. ı5 und ı7 der Reichsverfassung aus der Vorgeschichte des schweizerischen Bundesrats mit einer bis ins einzelne übereinstimmenden Verbindung der föderativen und unitarischen Elemente. „Nach der Napoleonischen Mediationsakte von 1803 ist der Landammann der Schweiz, der Schultheiß bezw. Bürgermeister des Direktorialkantons Vor- sitzender in der Tagsatzung und Inhaber einer ziemlich umfassenden eigenen, von der Gesamtheit der Kantone unabhängigen Exekutive. Vgl. acte de mediation vom 30. pluviöse an XI (bei Bluntschli, Geschichte des schweizerischen Bundesrechts, II, S. 322) aXVI—XXIV, XXVUIO, XXIX. Aehnlich a 8 dez Bundesvertrags vom 7. August ı815 (daselbst S. 326). 2) Ueber die Klagen, daß der Bundesrat zu sehr eine reine Verwaltungsbehörde, ein Kollegium von Geschäftsministern, von denen sich jeder lediglich um die Angelegen- heiten seines Ressorts bekümmere, während ihm der Charakter einer leitenden politi- schen Behörde abhanden gekommen sei und die Bestrebungen zur Reform der Bundes- verwaltung vgl. v. Salis, Schweizerisches Bundesrecht, Staats- und verwaltungsrecht- liche Praxis des Bundesrates und der Bundesversammlung, 2. Aufl., Bern 1903, Bd. I, S. 522 ff., 532 ff., 552 ff. 3) Die Volkswahl des Bundesrats wurde wiederholt, aber vergeblich beantragt. Vgl. Schollenberger, Das Bundesstaatsrecht der Schweiz, Berlin 1902, S. 249.