1 — 60 — mal laut gegen die Torflügel. Erschien der Angeklagte, so führte man ihn in den Kreis der Richter und las ihm die Anklage vor. Bekannte er sich schuldig oder wurde er überführt, dann sprachen die Schöffen das Urteil. Ursprünglich befaßte sich die Feme nur mit todes- würdigen Verbrechen. Die Todesstrafe wurde sofort vollzogen, meistens von dem jüngsten Schöffen. Gewöhnlich hängte man den Verurteilten an den nächsten Baum. Erschien der Angeklagte nicht, so galt er für schuldig und ward „verfemt“. Dann wurde der Name des Verurteilten in das Blutbuch geschrieben und der also Verfemte von allen Wissenden ver- folgt. Keiner von ihnen durfte das Urteil verraten, aber jeder hatte die Pflicht, es zu voll- strecken, doch mußten sie dabei zu dreien sein. Wo sie des Verfemten habhaft werden konnten, zu Hause oder auf der Straße, da stießen sie ihn nieder oder hängten ihn. Zum Zeichen, daß der Getötete durch bie heilige Feme gefallen war, ließ man ihm alles, was er hatte, und steckte ein Messer neben ihm in die Erde. Ende des 16. Jahrhunderts finden sich die Femgerichte nur noch in Westfalen. 1808 wurden sie von den Franzosen aufgehoben. 2. Strafen. An die Stelle des früher gezahlten Wergeldes trat nach und nach eine Bestrafung an Gut und Ehre, Leib und Leben. Die Strafen waren im allgemeinen sehr hart. So heißt es z. B. im Salzburger Stadtrecht: „Wer ein Falschmünzer ist, der wird verbrannt oder versotten. Wer meineidig ist, dem soll die Zunge hinten zum Nacken herausgerissen werden.“ Ungetreue Frauen wurden lebendig begraben, Mordbrenner, Kirchenräuber, Grabschänder u. a. lebendig ver- brannt. Landesverräter wurden gevierteilt, indem man an jedem Arm und Fuß ein Pferd spannte und so den Leib auseinander riß. Sehr häufig kam auch das Verstümmeln vor. So wurden Nase und Ohren abgeschnitten, die Hand oder der Fuß abgehauen, die Augen geblendet usw. Daneben waren auch allerlei Ehrenstrafen im Gebrauch. So mußten z. B. Obstdiebe und Verleumder mit dem Halseisen am Pranger stehen. Betrüger, Falschspieler, Bäcker, die zu kleines Brot gebacken hatten, u. a. wurden mit der sogenannten Prelle oder Wippe (einem gitterartigen Kasten) im Wasser untergetaucht und dann wieder emporgeschnellt. 3. Folter. Um einen Angeklagten zum Geständnis zu bewegen, brachte man die Folter oder Tortur in Anwendung. Der Angeklagte wurde dann, gewöhnlich zur Nachtzeit, in ein halbdunkles Gewölbe, die Folterkammer, geführt. Dort saßen an einer Tafel die Richter, und im Hintergrunde stand der Scharfrichter mit seinen Knechten bei den Folterwerkzeugen. Nun wurde der Verklagte nochmals ermahnt, reumütig zu bekennen. Tat er das nicht, so ergriffen ihn die Henkersknechte, ent- kleideten ihn, zogen ihm den „Marterkittel“ an und begannen mit der „Daumen- schraube“ die Qualen. Bekannte er auch jetzt noch nicht, so steckte man seine Füße in die „spanischen Stiefel“. Das waren Schrauben, mit denen man ihm die Beine so gewaltig zusammendrückte, daß die Knochen ganz platt wurden. Erfolgte auch jetzt noch kein Geständnis, so brachte man den Verklagten auf die Leiter mit dem „gespickten Hasen“. Seine Füße wurden unten an der Leiter festgebunden, die Arme aber nach oben gezogen; dabei ruhte der Körper auf einer Walze, die mit hölzernen Nägeln gespickt war. Schrie der Gemarterte zu arg, so steckte man ihm einen Knebel, die sogenannte Birne, in den Mund. Die unerträglichen Schmerzen preßten den Gefolterten oft Geständnisse über Dinge aus, die sie niemals begangen hatten. Erst Friedrich der Große verbot die Anwendung der Folter in seinem Lande, und in der letzten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde sie nach und nach in allen deutschen Ländern abgeschafft.