— 94 — beiden Seiten erhoben, treten nun bald hüben, bald drüben zurück, und fruchtbare Niederungen oder sanft gehobene Anen senken sich zum Flusse herab. Da waren nnn Ubergänge leichter zu gewinnen. Und in der Tat finden wir hier eine Reihe von Brücken über das Wasser geschlagen. Die Städte haben ihre Steinbrücken, Dörfer ihre Holzstege, Bahnen ihre Eisengitter von Ufer zu Ufer gezogen. Nur an einer Stelle mußte sich ein gewaltiger Hochban erheben, als es galt, das Bahngleis der Leipzig-Chemnißer Linie über die Mulde von Ufer zu Ufer zu legen. Dort steigen nun (bei dem Dorfe Göhren zwischen Lunzenan und Wechselburg) starke Träger aus dem Muldengrunde auf und wölben sich oben zu gefälligen Bogen. Eine zweite Bogenlage setzt sich auf die erste und zieht sich in langer Linie von einem Uferrande zum andern. So spannt sich nun vor unserm Auge ein fester und doch luftiger Ban von Fels zu Fels in einer Länge von 475 m aus, und eine kühne Doppelwölbung steigt über den Wassern zu 78 m Höhe auf. Aber nicht bloß auf freier Höhe dampft der Zug über diese stolze Bahnbrücke hinweg, auch unten am Talrande braust der Muldenzug zwischen den Pfeilern hindurch (von Glauchau nach Wurzen), und das Wasser rauscht un- aufhörlich seine schlichte Melodie, auch wenn die pustenden Züge schweigen. Nun mögen sich die Muldenstädte immerhin ihrer Brücken rühmen (die Rochlitzer galt lange für die längste Flußbrücke), keine kann sich an großartigem Aufbau der Göhrener zur Seite stellen — der schönsten Brücke im Tale. 5. Neben Brücken und Schlössern sind es aber auch die Kirchen im Tale, die uns nicht bloß durch ihre kunstvolle Anlage, sondern besonders durch die Weihe ihrer Bestimmung erfreuen, mögen sie nun mit ihren Türmen aus den sandigen Ebenen ragen, oder von den felsigen Höhen winken. Die erste bedeutsame Kirche thront auf den Granitstufen der Mulde beim herrschaftlichen Schlosse zu Wolkenburg. Eine breite Freitreppe und ein Sänlentor führen zu ihrem schön geschmückten Portale. Zierlich erscheint der eisen- gegossene Taufstein, hell blinkt der marmorne Altar, und freundlich grüßt der Heiland die Kinder auf dem kunstvollen Gemälde. Leicht steigt der Turm über die Bäume des Parkes, und weit hinein schant unser Blick in den Kessel der Mulde, der den alten Rittersitz Kaufungen umschließt. Die zweite berühmte Kirche erhebt sich in Rochlitz (6 T.). Ihre rötliche Färbung läßt nns erraten, daß sie aus dem Gesteine des nahen Berges erbaut wurde. Im Innern greifen die Rippen der Pfeiler zu Kreuzgewölben zusammen. Das Sonnenlicht dringt gedämpft durch buntbemalte Scheiben. Außen stützen Pfeiler den Bau, deren Steinlanb und Steinköpfe die schönste Gotik des Mittelalters zeigen. Die dritte Kirche aber, der wir nach der schönsten Dorf und Stadtkirche des Tales den Preis zusprechen, ist die Schloßkirche zu Wechselburg, die 1884 die 700jährige Jubelfeier ihrer Weihe beging. Aus der unscheinbaren Klosterkirche ist durch inneren und äußeren Ausbau, der nur die Türme vermissen