— 205 — der Wald und auf dem Gipfel der Turm geben ihm eine gewinnende Erscheinung. Nach dem Norden hin streckt sich der Berg zu einem reich bewohnten Tale nieder. Im Süden aber reiht sich Berg an Berg zu einer gebirgsartigen Landschaft. Uberall ziehen sich am Fuße der Berge Dörfer entlang, in denen fleißige Pände spinnen und weben, und freundliche Kirchen und Städte blicken zu uns herauf. Der Czörneboh ist der höhere Berg des Nordens (558 m). Steil- wandig entsteigt er der Talsenke, baut einen kräftigen Rücken auf, fällt in schroffen Gehängen wieder zur Nordebene ab und hüllt sich in dunklen Fichten= und Tannenwald ein. Ulberall bricht der Granit auf ihm durch und richtet mächtige Platten und Bläcke auf. Nicht selten nimmt der formenreiche Stein anch die Gestalt von Becken an und zeigt Risse und Höhlen. Die Einbildungskraft des Volkes erblickte in diesen Steinformen Teufelsfenster, Kanzeln und Altäre. Auch wir sehen im Geiste, wie sich die heidnischen Wenden an den Granitfelsen des Czörneboh versammeln. Wir sehen, wie sie gemessenen Schrittes zu dem Steinbecken ziehen, um sich durch Be- sprengung zu weihen. Wir sehen, wie sie zu dem Teufelsfenster pilgern, durch welches ihnen eine flüsternde Stimme das zukünftige Schicksal verkündigt. Wir sehen, wie sie auf großer Steinplatte opfern und an der Steinkanzel den Segen des Priesters empfangen. Zweifellos sind Bieleboh und Czörneboh heilige Stätten der Wenden gewesen. Zweifelhaft aber bleibt es, ob diese in der Tat schon einen guten (Bieleboh = weißer Gott) und einen bösen Gott (Czörneboh = schwarzer Gott) kannten. Wahrscheinlicher ist viel- mehr die Annahme, daß erst mit der Verkündigung der christ- lichen Lehre die heidnische Gottheit in das Waldesdunkel des Czörneboh verwiesen und der Christengott auf dem milden Bieleboh verehrt wurde. So stehen nun diese beiden Berge wie ein Brüder- paar der Lausitz seit grauen Zeiten nebeneinander. Der Bieleboh ragt in sanfteren, der Czörneboh in schrofferen Flanken auf. Beide werden von Wald umzogen und von Türmen gekrönt, von denen der eine in die Berge des Südens, der andere in die Ebene des Nordens blickt und der dritte an die deutsche Reckengestalt Bismarcks erinnert. 3.n Ist dann die Spree an der Bieleboh= und Czörnebohkette vor- übergeeilt, so tritt sie (bei Obergurig) aus der Berglandschaft in die Hügelgegend über Sie beginnt ihren Mittellauf, der allerorten wendische Anklänge aus früheren Jahrhunderten und gewerbliche Be- triebe aus der Gegenwart zeigt. Zunächst treffen wir bei dem Dorfe Doberschau auf dem erhöhten rechten Ufer eine Heidenschanze an, die ihren Halbkreis nach dem Wasser hin öffnet und vollständig mit Busch und Baum bewachsen ist. Weiterhin schließen sich bei dem Dorfe Ohna am Ende des Mittellaufes die Spreefelsen zu einem Naturtore zusammen, durch welches der Fluß in die Ebene tritt. Hier, wo auf dunklem Grunde die Seerose blüht und Waldbäume der rechten Uferhöhe geheimnisvoll flüstern, stand auf hoher Felsen-