213 — durch das süße Gebäck erworben, das als Pulsnitzer Pfefferkuchen auf allen Jahrmärkten Augen und Zungen der Kinder erfreut. Am berühmtesten aber ist die Stadt doch erst durch zwei Männer ge- worden, deren Wiege hier stand, deren Name aber weit über Sachsens Grenzen hinaus gedrungen ist. Der erste ist Bartholomäus Ziegenbalg, den sein Glaubenseifer nach Vorderindien trieb, wo“ der Missionar das Neue Testament in die Sprache des Landes übersetzte, um die heidnischen Völker zum Christentume zu führen. Er war ein mutiger Glaubensbote, der auch seinen Tod in der zweiten, heißen Heimat gefunden hat. Der andere ist der Bildhauer Rietschel, der in einer armen Familie aufwuchs, schon als Knabe im Zeichnen seinen Kunstsinn zeigte, als Jüngling sich tüchtig aus- bildete und als Mann die herrlichsten Bildwerke schuf. Seinem Landsmanne Lessing hat er zu Braunschweig ein Standbild gesetzt, unsere beiden Dichter Schiller und Goethe durch den Lorbeerkranz vereinigt, den Reformator Luther zu Worms in dem berühmten Denkmale verewigt und unsern König Friedrich August den Gerechten im Zwinger zu Dresden mit den Figuren der Gerechtigkeit und Milde, Weisheit und Frömmigkeit umgeben. In Dresden hat er seine schönsten Werke gebildet. Hier ist dem Künstler nach vollendetem Schaffen auch im Tode der Meißel entfallen, und hier ist ihm dann selbst (auf der Brühlschen Terrasse) ein Ehrendenkmal gesetzt worden. Die Stadt Pulsnitz ist uns aber wiederum ein Zeugnis dafür, wie aus einem kleinen Orte doch die Er- zeugnisse der Hand, mehr noch die Saaten des Geistes und die Früchte der Kunst in alle Welt getragen und zu Verkündigern der vaterländischen Tüchtigkeit werden können. 5. Zum Schlusse besuchen wir an der Grenze des Elstergebietes noch das Weberdorf Rammenau südöstlich von Pulsnitz. In ihm wurde im Jahre 1862 auf granitnem Unterbau eine vierkantige Säule mit Marmortafeln gesetzt, auf denen wir lesen, daß in dem Dorse 1762 der Denker Joh. Gottlieb Fichte geboren wurde. Schon frühzeitig offenbarte der Knabe einen geweckten Geist. Der Vater lehrte ihn zeitig das Lesen, so daß der kleine Gottlieb bald den Morgen= und Abendsegen im Familienkreise vortragen konnte. Oft wandelte er einsam in Feld und Flur der untergehenden Sonne zu. Dann weckte ihn wohl der Schäfer des Ortes aus seinem träu- merischen Sinnen und mahnte zur Heimkehr. Einst forderte der Pfarrer den Dorfknaben auf, einem Herrn von Miltitz den Inhalt der Sonntagspredigt zu wiederholen. Da überkam ihn ein so mächtiges Geistesfeuer, daß er in fließender Rede Wort für Wort der langen Rede wiedergab. Nun hatte er in dem Freiherrn einen freundlichen Wohltäter gefunden, der ihn mit auf sein Schloß und dann auf höhere Schulen führte, damit er sich selbst zum Prediger ausbilden könnte. Aus dem träumerischen Knaben aber ist ein klarer Denker geworden. Und wenn er auch die Kanzel nicht betrat, so hat er