Verfassung und Verwaltung des Deutschen Reiches. I. Geschichte der Verfassung des Deutschen Reiches. Im Jahre 1806 legte der Deutsche Kaiser Franz II. die Kaiserkrone nieder; damit erreichte das tausendjährige Heilige Römische Reich Deutscher Nation sein Ende. Überaus dürftig war der Erfolg des nach den Befreiungs- kriegen auf dem Wiener Kongreß gemachten Versuches, das Deutsche Reich wieder in alter Herrlichkeit erstehen zu lassen. Unter dem Namen „Deutscher Bund“ wurde ein völker- rechtlicher Verein der deutschen souveränen Fürsten und Freien Städte geschaffen, welcher unauflöslich sein sollte. Diesem Staatenbunde fehlte aber jede kraftvolle Einheitsspitze, da den einzelnen Staaten ihre landesherrlichen Hoheitsrechte uneingeschränkt belassen waren (s. S. 4). An diesem Grundübel scheiterte jede gemeinnützige An- ordnung; die Sonderungssucht (Partikularismus) der eir- zelnen Staaten, die Eifersucht Osterreichs auf Preußen und die gesetzlich geforderte Stimmeneinheit bei Beschlüssen der Bundesversammlung für alle Grundgesetze des Bundes ver- eitelten jede gedeihliche Förderung der deutschen Angelegen- heiten. In der Bundesversammlung waren überdies nur die einzelnen Staaten durch die von ihnen ernannten Bevoll- mächtigten vertreten; das deutsche Volk selbst blieb ohne jede Vertretung.