Schweiz. (August 23.— Dezember 9.) 365 hin, daß die unabweisbare Notwendigkeit da ist, sich ernsthaft und in erster Linie mit den sozialen Fragen zu befassen. Auf dem Gebiete der politischen Freiheits= und Menschenrechte sind wir weit vorgeschritten, nicht desgleichen auf dem Gebiete der sozialen Freiheits= und Menschenrechte. Und was sind im Grunde die ersteren ohne die letzteren? Tönende Fässer, in denen der Wein fehlt, goldene Schalen ohne Inhalt. Die Hauptaufgabe unserer und wohl auch noch unserer Söhne und Enkel Zeit wird es sein, diesen sozialen Freiheits= und Menschenrechten zum Durchbruch zu verhelfen. Jeder ehrliche Mensch hat das Anrecht auf ein menschenwürdiges Dasein. Von diesen Grundgedanken muß unser politisches Thun und Lassen wesentlich getragen sein. Und das ist denn auch die Grundtendenz, die bewußt und unbewußt, mit entstelltem und nichtentstelltem Antlitz durch die wirren und zum Teil mit Ent- rüstung zurückzuweisenden wirtschaftlichen Lehren der heutigen Zeit geht. Es ist das der Stern, der aus diesem Chaos und Durcheinander hervorleuchtet.“ 23. August. (Sozialisten.) Der deutsche Reichstagsabge- ordnete Singer hält in einer Arbeiterversammlung in Zürich eine Rede über die Lage und Thätigkeit der Sozialdemokratie in Deutsch- land. Dieselbe bietet jedoch keine bemerkenswerten neuen Gedanken. 6. September. Bern: Internationale Konferenz zum Schutze des literarischen und künstlerischen Eigentums. Zu dem zu diesem Zwecke vorgeschlagenen Verbande erklären Deutsch- land, Frankreich, Italien, Schweiz, Spanien, Belgien, Großbrittanien mit sämtlichen Kolonien, Hasti, Liberia und Tunis ihren Beitritt. Österreich- Ungarn, die Niederlande, Schweden, Norwegen, Dänemark und die Vereinigten Staaten Nordamerikas stellen ihren Beitritt für späterhin in Aussicht. (St.A.) 27. September. (Genf.) Der Antrag der konservativ-kleri- kalen Partei, sämtliche Volksabstimmungen und Wahlen in den Ge- meinden statt in einheitlichen, größeren Versammlungen vornehmen zu lassen, wird mit geringer Mehrheit angenommen. Anfang November. Eugen Lachat, Erzbischof von Damiette in partibus und päpstlicher Vikar im Kanton Tessin, von 1863 bis 1873, wo er durch die Schweiz abgesetzt wurde, Bischof von Basel f. 29. November. Eröffnung der Bundesversammlung. Der Ständerat nimmt das Landsturmgesetz mit großer Majorität an. 7. Dezember. (Luzerner Kirchenstreit.) Nationalrat er- klärt mit 88 gegen 43 Stimmen das kirchliche Verbot der Benützung der Simultankirchen durch die Katholiken und Altkatholiken als für die Staatsbehörden nicht maßgebend und wies den Rekurs der Re- gierung von Luzern gegen die bezügliche Entscheidung des Bundes- rates zurück. " 9. bezw. 21. Dezember. (Branntweinmonopol.) Der Nationalrat beschließt die beiden ersten Artikel des Gesetzes. Ihr Inhalt ist folgender: 1) Das Recht zur Herstellung und Einführung von Branntwein steht