252 Die Ramishe Kurie. (Januar 9.—Februar 11.) VIII. Die Nömische Kurie. 9. Januar. Der Papst empfängt eine Abordnung englischer Pilger unter Führung des Herzogs von Norfolk, der den Wunsch auf Wiederherstellung der weltlichen Unabhängigkeit ausspricht. — Die italienische Presse kritisiert die Rede scharf; sie sei ein Beweis, daß der Papst sich der Freiheit erfreue, deren Vorhandensein Nor- folk leugne. 26. Januar. Der Papst veröffentlicht eine Encyklika über die christliche Demokratie. Die Encyklika, die vom 18. Januar datiert ist, konstatiert einen Unterschied zwischen dem „Sozialismus“ und der „christlichen Demokratie“. Der erstere befasse sich nur mit materiellen Gütern und wolle vollständige Gütergleichheit und Gütergemeinschaft herstellen, während die christliche Demokratie die Vorschriften des göttlichen Gesetzes achte und bei ihrem Bestreben, eine materielle Besserung herbeizuführen, auch das geistige Wohl der Völker im Auge habe. Ebensowenig dürfe man die christliche Demo- kratie mit der politischen verwechseln. Denn die erstere könne und müsse, wie die Kirche, unter den verschiedensten politischen Regierungsformen fort- bestehen, sie müsse auch die gesetzmäßige bürgerliche Autorität achten. So verstanden, habe die Bezeichnung „christliche Demokratie“" nichts an sich, was irgend Bedenken erregen könne. Der Papst ermächtigt sodann den Eifer und die Thätigkeit der Katholiken, welche sich diesem in höchstem Maße nützlichen Werke widmen, und lobt das Spenden von Almosen, welches nicht, wie die Sozialisten meinten, eine Beleidigung der Armen sei, sondern dazu diene, die Bande der christlichen Liebe innerhalb der menschlichen Gesellschaft enger zu gestalten. Zum Schlusse ermahnt der Papst die Katholiken, sich diese Grundsätze zu eigen zu machen, sich einig zusammenzuschließen und unnütze Streitigkeiten beiseite zu lassen. Alles dies würde dazu beitragen, jedermann zu veranlassen, alles zu fliehen, was einen aufrührerischen und revolutionären Charakter habe, dagegen aber das Recht jedes anderen zu achten, sich seinen Vorgesetzten gegenüber achtungs- voll zu zeigen und praktisches Christentum zu treiben. So werde der so- ziale Friede an allen Orten wieder zur Ausbreitung gelangen. 11. Februar. Der Papst sagt in der Beantwortung einer Adresse des Kardinals Vaughan über den liberalen Katholizismus: Nur zu bekannt ist das Verderben, das teils schon vorhanden ist, teils bevorsteht aus jenen ganz falschen Meinungen, deren Gesamtheit man als liberalen Katholizismus zu bezeichnen pflegt. Ihr übertreibt keines- wegs die Gefahr, die dem Katholizismus gegenwärtig in England droht, sondern stellet sie so dar, wie sie wirklich ist, und ebenso verstößt Euere auf die Lehren und Vorschriften der Kirche gestützte Auseinandersetzung in keinem Punkte gegen die Wahrheit. Denn was Ihr lehrend und mahnend vorgetragen habt, ist bereits alles von unseren Vorgängern behandelt, von den Vätern des Vatikanischen Konzils bestimmt ausgesprochen und von Uns selbst mehr als einmal mündlich wie schriftlich erläutert worden. Es war ein sehr heilsamer Gedanke, zur Hut vor dem Rationalismus aufzufordern,