XVII. Türkei und Egupten. 1. Die Türkei. 5. Januar. Rundschreiben an die Mächte. Es besagt, daß die Türkei, um ihren Wunsch darzutun, den Frieden zum Abschluß zu bringen, alle niöglichen Opfer bringen und auf alles Ge- biet westlich vom Wilajet Adrianopel verzichten werde, aber gezwungen sei, auf den Besitz Adrianopels zu bestehen, das für die Verteidigung der Hauptstadt nötig sei. Die Pforte könne die Inseln des Archipels niemals aufgeben. Um aber ihre Friedensliebe zu beweisen, verzichte sie auf ihre Rechte auf Kreta. 9. Januar. Nach dem Scheitern der Londoner Friedens- konferenz (s. Großbritannien) bringt die „Frankfurter Zeitung“ einen Rückblick mit statistischen Erläuterungen. Ursprünglich haben die verbündeten Balkanstaaten die Abtretung des gesamten europäisch-türkischen Gebietes verlangt, mit Ausnahme der Haupt- stadt Konstantinopel und seines Hinterlandes bis zu einer Linie, die nahe bei Rodosto am Marmarameer bis zum Kap Malatra am Schwarzen Meere geht, und der Halbinsel Gallipoli an den Dardanellen; Rodosto selbst sollte an Bulgarien fallen, das damit an der Nordküste des Marmarameeres sich festgesetzt hätte. Außerdem verlangten die Balkanstaaten sämtliche Inseln des Aegäischen Meeres, Kreta einbegriffen. Im Laufe der Verhandlungen haben die Vertreter der Balkanstaaten zu verstehen gegeben, daß sie unter Umständen auch bereit wären, den Rest der europäischen Türkei noch zu vergrößern, etwa bis zu einer Linie, die von Enos am Aegäischen Meere bis Midia am Schwarzen Meere geht; damit würde Bulgarien darauf verzichten, am Marmarameere festen Fuß zu fassen. Die Türkei hat im Anfang von gar keiner Gebietsabtretung etwas wissen wollen. Sie schlug nur die Autonomie von Albanien und Mazedonien vor; höchstens auf einige Grenzberichtigungen wollte sie sich einlassen. Diese Vorschläge wurden von den Balkanstaaten als unannehmbar zurückgewiesen, worauf die Türlei sich dazu verstand, ihr ganzes Gebiet westlich des Wilajets Adrianopel preiszugeben; die Aegäischen Inseln wollte sie behalten, über das Schicksal Kretas sollten die Großmächte entscheiden. Als die Balkanstaaten auch diese Vorschläge für unannehmbar erklärten, ging die Türkei noch einen Schrin weiter; sie verzichtete auf den westlichen Teil des Wilajets Adrianopel und gab auch Kreta preis. Die Balkanstaaten sind auch damit nicht zufrieden; sie verlangen Adrianopel und alle Aegäischen Inseln. Als die Türkei dies nicht bewilligte, sind die Verhandlungen suspendiert worden. Die Ober- fläche der europäischen Türkei betrug bisher 169300 Quadratkilometer, das ist ungefähr halb so viel wie das Königreich Preußen; die Zahl der Ein- wohner betrug 6130000. Von ihrem Gebiet will die Türkei preisgeben: