352 B. II. Ges. über 2c. Bundes- u. Staatsangehörigkeit v. 1. Juni 1870. 8 2. auch Angehöriger des von ihm beherrschten Staates wird, was weniger für ihn selbst, als für seine Familie von Wichtigkeit ist (§ 11 des Gesetzes), muß aus demselben Grunde bejaht werden, denn der Monarch ist zwar Träger der Staatsgewalt, aber in einer Reihe namentlich persönlicher Verhältuisse der Staatsgewalt und ihren Gesetzen ebenso un- weigerlich unterworfen, wie seine Unterthanen — princeps legibus solutus non est. Dagegen ist die Sachlage zweifelhaft, wenn er seine bisherige Staatsangehörigkeit weder aufgiebt, noch derselben nach dem Rechte seines ersten Heimathsstaates durch die Thron- besteigung oder aus einem sonstigen Grunde verlustig geht. Die Frage, inwieweit er als Mochrch seiner Pflichten gegen seinen ersten Heimathsstaat ledig ist, läßt sich im Falle eines Konfliktes nach völkerrechtlichen Grundsätzen nur soweit beantworten, als jeder Staat überhaupt gehalten ist, das Maß der von seinen Angehörigen ihm ge- schuldeten Pflichten nach völkerrechtlichen Grundsätzen feststellen zu lassen. Der Satz, daß ein Deutscher Bundesfürst nicht Unterthan eines ausländischen Fürsten sein könne, ist eben petitio principii. Der König Erust August von Hannover ist Zeit seines Le- bens — als Herzog von Cumberland — Unterthan der Königin von England ge- blieben; er selbst hat niemals daran gezweifelt, vielmehr an den Sitzungen bes Ober- hauses fortgesetzt theilgenommen und seine englische Apanage fortbezogen; ebensowenig ist dies eigenthümliche Doppelverhältniß von anderer Seite bezweifelt worden. Somit ergiebt sich eine weitere Lücke zwar nicht des Reichsgesetzes vom 1. Juni 1870, sondern der Reichsverfassung, indem die Bestimmung fehlt, daß ein Deutscher Bundesfürst nicht gleichzeitig Angehöriger eines anderen Staates sein kann. Uebrigens wird auch die weitere Entwicklung der allgemeinen Gesetzgebung über die Reichs= und Staatsangehörigkeit nach der Richtung hin gehen müssen, daß durch den Erwerb der Angehörigheit zu einem Keuschen Landesstaate die Angehörigkeit zu einem außerdeutschen Staate eo ipso ver- oren geht. Die Staatsangehörigkeit ist unabhängig von Wohnsitz und Gemeinde, sowie eben- falls unabhängig davon, ob der Angehörige auch noch in einem anderen — Deutschen oder außerdeutschen Staate die Angehörigkeit besitzt. Zu Abs. 2 siehe den letzten Abs. der Anmerk. zum Eingange. 82. Die Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate wird fortan nur begründet: C. 1. durch Abstammung (§ 3), 2. durch Legitimation (§ 4), 3. durch Verheirathung (§ 5), 4. für einen Norddeutschen durch Aufnahme und (§ öfl) 5. für einen Ausländer durch Naturalisation n. Die Adoption hat für sich allein diese Wirkung nicht. .Ebensowenig begründet, nach § 12, der Wohnsitz für sich allein die Staatsangehörigkeit. Die Erwerbsgründe des § 2 sind, wie das Wort „nur“ in Zeile 1 beweist, dergestalt ausschließlich, daß anderweitige Erwerbsgründe landesrechtlich nicht aufgestellt werden dürfen. Es giebt aber noch einen völkerrechtlichen Erwerbsgrund, nämlich die Ein- verleibung eines Territoriums, welche, falls das Territorium bisher zu einem anderen Bundesstaate gehörte, nur einen Wechsel der inländischen Staatsangehörigkeit, falls es bisher ausländsct war, überhaupt erst eine inländische Staatsangehörigkeit begründet. Bei einer Einverleibung auf Grund Eroberung gilt dies aber nur für den, der es für sich gelten lassen will, sich also nicht schon vor der Einverleibung aus dem eroberten Gebiete entfernt hat. Die entgegengesetzte Ansicht betrachtet die Menschen als Perti- nenz des Territoriums, wie eine Herde Schafe Pertinenz — lebender Beschlag — des Landgutes ist. Siehe v. Schulze Bd. I. 8 107 S. 353 Anmerk. 1. Keiner der in § 2 aufgeführten Erwerbsgründe ist dadurch bedingt, daß die bisherige Staatsangehörigkeit verloren geht, ausgenommen nach § 13 Nr. 4 und 5, wenn die Le- gitimation und Verheirathung von dem einen Bundesstaate heraus in einen anderen