Der König der Bettler. 45 Gebot der Selbsterhaltung; sie führten mit Stolz den Namen „Könige der Bettler", den ihnen Frankreichs Hohn ersann. Die Krone verbot das Auskaufen der Bauerngüter, das in Mecklenburg und Schwedisch- Pommern dem Adel die Alleinherrschaft auf dem flachen Lande ver- schaffte; sie rettete den ländlichen Mittelstand vom Untergange, und seit Friedrich Wilhelm I. arbeitete eine durchdachte Agrargesetzgebung an der Entfesselung des Landvolkes. Der König wünschte die Erbunterthänigkeit aufzuheben, allen bäuerlichen Besitz in freies Grundeigenthum zu ver- wandeln; schon im Jahre 1719 sprach er aus, „was es denn für eine edle Sache sei, wenn die Unterthanen statt der Leibeigenschaft sich der Freiheit rühmen, das Ihrige desto besser genießen, ihr Gewerbe und Wesen mit um so mehr Begierde und Eifer als ihr eigenes treiben."“ Diesen Herzenswunsch der Krone zu erfüllen blieb freilich noch auf lange hinaus unmöglich; zu leidenschaftlich war der Widerspruch des mächtigen Adels, der schon die Aufhebung des Lehenswesens als eine Kränkung empfand, zu zähe das stille Widerstreben der rohen Bauern selber, die jede Aenderung des Hergebrachten mit Argwohn betrachteten. Aber stetig und unaufhaltsam hat sich der König seinem Ziele angenähert. Sein Prügelmandat schützte den Gutsunterthan vor Mißhandlung; die bäuer- lichen Dienste und Abgaben wurden erleichtert, die Auftheilung der Ge- meinheiten und die Zusammenlegung der Grundstücke begonnen, überall die Bahn gebrochen für die Befreiung der Scholle und der Arbeitskraft. Die Reformen Stein's und Hardenberg's konnten nur darum einen so durchschlagenden Erfolg erringen, weil sie vorbereitet waren durch die Gesetzgebung dreier Menschenalter. Bei dem Beamtenthum der Krone fand der kleine Mann Schutz gegen adlichen Uebermuth, sachkundigen Rath und unerbittlich strenge Aufsicht; kein Opfer schien dem sparsamen Könige zu schwer für das Beste seiner Bauern; die gesammte Staatsein- nahme eines vollen Jahres hat er aufgewendet um sein Schmerzenskind, das von Pest und Krieg verheerte Ostpreußen der Gesittung zurückzugeben, die weite Wüste an der Memel und dem Pregel mit fleißigen Arbeitern zu bevölkern. Der treuen Sorgfalt für das Wohl der Massen, nicht dem Glanze des Kriegsruhms dankten die Hohenzollern das in aller Noth und Ver- suchung unerschütterliche Vertrauen des Volkes zu der Krone. Zeiten der Erstarrung und Ermattung blieben dem preußischen Staate so wenig erspart wie anderen Völkern; sie erscheinen sogar in seiner Geschichte auffälliger, häßlicher als irgendwo sonst, weil immer tausend feindselige Augen nach seinen Schwächen spähten und der vielumkämpfte zu versinken drohte ohne die Spannkraft des Willens. Wer längere Zeiträume ruhig überblickt, kann gleichwohl das stetige Fortschreiten der Monarchie zur Staatseinheit und Rechtsgleichheit nicht verkennen. Wie die Bilder der Hohenzollern zwar nicht die geistlos eintönige Gleichheit habsburgischer