Höchste Ausbildung der absoluten Monarchie. 71 großen Kurfürsten auf dem preußischen Throne herrschte, erst durch Friedrich in das Bewußtsein der Menschen übergegangen. Erst seit den blendenden Erfolgen der schlesischen Kriege wendeten sich die Blicke der Welt, die bisher an der Hofpracht von Versailles bewundernd gehangen, nachdenklich auf die prunklose Krone der Hohenzollern. Im Kriege und in der auswärtigen Politik zeigte der König die unvergleichliche schöpferische Macht seines Geistes; in der inneren Verwaltung war er der Sohn seines Vaters. Er hat die überlieferten Formen des Staates durch die Kraft des Genius belebt, das Unfertige in freiem und großem Sinne weitergebildet; einen Neubau unternahm er nicht. Doch er wußte den Gedanken des politischen Königthums, den sein Vater als ein handfester Praktiker verwirklicht hatte, mit der Bildung des Jahrhunderts in Ein— klang zu bringen; unablässig gab er sich und Andern Rechenschaft von seinem Thun. Schon als Kronprinz errang er sich einen Platz unter den politischen Denkern des Zeitalters; sein Anti-Macchiavell bleibt, bei allen Schwächen jugendlicher Unreife, doch das Beste und Tiefste, was jemals über die Pflichten des fürstlichen Amts in der absoluten Monarchie gesagt wurde. Nachher, in den ersten Jahren des Siegerglückes, schrieb er den Fürstenspiegel für den jungen Herzog von Württemberg; doch mächtiger denn alle Lehren sprachen seine Thaten, da er in den Tagen der Prüfung seine Worte bewährte und der Welt zeigte was es heiße „als König denken, leben, sterben“. Zuletzt ward ihm noch jene Schicksalsgunst, deren auch der Genius bedarf, wenn er einem ganzen Zeitalter den Stempel seines Geistes aufprägen soll: das Glück in einem reichen Alter sich völlig auszu— leben. Er war jetzt der Nestor, der anerkannt erste Mann des europäischen Fürstenstandes; sein Ruhm hob den Glanz aller Throne, aus seinen Worten und Werken lernten die Könige groß zu denken von ihrem Berufe. Die althergebrachte Vorstellung des Kleinfürstenthums, daß Land und Leute dem durchlauchtigen Fürstenhause zu eigen gehörten, verlor an Boden, seit dieser König trocken aussprach: „Der Fürst hat keinen nähern Ver— wandten als seinen Staat, dessen Interessen immer den Banden des Blutes voranstehen müssen.“ Die dynastische Selbstüberhebung der Bour— bonen erschien in ihrer Nichtigkeit, seit er bei seiner Thronbesteigung den leichten Genüssen des Lebens den Rücken wandte mit den Worten „mein einziger Gott ist meine Pflicht“ und nun durch ein halbes Jahrhundert mit allen Kräften seiner Seele diesem einen Gott diente und auf jeden Dank seines Volkes immer nur die gelassene Antwort gab: „dafür bin ich da.“ So weltlich unbefangen hatte noch nie ein gekröntes Haupt von der fürstlichen Würde geredet, wie dieser Selbstherrscher, der unbedenklich die Berechtigung der Republik wie des parlamentarischen Königthums an— erkannte und die Größe der absoluten Monarchie allein in der Schwere ihrer Pflichten suchte: „der Fürst soll Kopf und Herz des Staates sein, er ist das Oberhaupt der bürgerlichen Religion seines Landes.“