Coalition von 1799. 169 mitten im Frieden wurde der Kirchenstaat zu einer römischen Republik umgestaltet und der schweizerische Einheitsstaat aufgerichtet. Den alten Mächten drängte sich die Einsicht auf, daß mit dieser rastlosen Politik der Welteroberung kein friedliches Zusammenleben möglich sei. Schon im Sommer 1798 verhandelten Oesterreich, England und der neue Czar Paul über die Bildung der zweiten Coalition. Die Verbündeten schritten in vollem Ernst, mit dem Aufgebot ihrer besten Kraft an's Werk. Auf der weiten Linie vom Texel bis nach Calabrien, an allen seinen Grenzen zugleich dachten sie den Staat der Revolution zusammt seinen Tochter— republiken anzugreifen, und sie durften um so sicherer auf den Erfolg ihrer furchtbaren Rüstungen hoffen, da von den beiden namhaftesten Feldherren der Republik der Eine, Hoche, soeben gestorben war, Bonaparte aber fern in Aegypten weilte. Der junge Held hatte den grandiosen Gedanken ge— faßt, die Macht Englands, das er als den gefährlichsten Feind seiner Welt— machtspläne haßte, an ihrer verwundbarsten Stelle, im Oriente zu schlagen. Für Preußen war der Anschluß an die neue Coalition keineswegs unbedenklich; denn jede der verbündeten Mächte verfolgte Ziele, welche der deutschen Politik fremd oder geradezu bedrohlich waren. Rußland dachte den Besitzstand im Osten aufrechtzuhalten um dereinst die orientalische Frage nach seinem Sinne zu lösen. Im englischen Parlamente enthüllten sich immer dreister und übermüthiger die Pläne einer gewaltthätigen Handels- politik, die, nach dem Worte des deutschen Dichters, das Reich der freien Amphitrite schließen wollte wie ihr eigenes Haus; den Seemächten zweiten Ranges konnte weder Englands Alleinherrschaft im Mittelmeere noch die gänzliche Vernichtung des französisch-holländischen Colonialbesitzes willkommen sein. Der Wiener Hof endlich hoffte auf große Eroberungen in Italien und auf die Herstellung der alten kaiserlichen Vollgewalt im Reiche. Seine Lohnschreiber schlugen wieder den herausfordernden Ton ferdinandeischen Hochmuths an, mahnten den deutschen hohen Adel, die Pflicht der Lehensfolge gegen die kaiserliche Majestät zu erfüllen. Ueber- haupt trug die zweite Coalition einen ausgesprochen reactionären Charakter, der mit den gemäßigten Ansichten des preußischen Hofes wenig gemein hatte. Czar Paul sprach in seiner ungestüm phantastischen Weise von der Zurück- führung des altfranzösischen Königthums. Fanatische Flugschriften predig- ten den Vernichtungskrieg gegen die gottlosen Neufränkler: „Alle Rottirer Europas blicken nach Paris.“ Schon der Rastatter Gesandtenmord am Beginne des Krieges ließ die blinde Erbitterung der Vorkämpfer des historischen Rechts errathen, obschon die blutige That nicht unmittelbar von der Hofburg anbefohlen war. Noch deutlicher bekundete nachher die gräuelvolle Wiederherstellung der bourbonischen Tyrannei in Neapel, welche unheimlichen Leidenschaften die Raserei der Jacobiner erweckt hatte, und welchen Wirren Europa entgegenging, wenn dies mächtigste von allen Kriegsbündnissen der Gegenrevolution den Sieg errang.