Der Länderhandel in Paris. 185 Alle, die Guten wie die Bösen, wurden in das wüste Treiben hinein— gerissen; denn von den Regensburger Verhandlungen stand doch nichts zu erwarten, und wer hier in Paris nicht mit dreisten Händen zugriff, ward von den Nachdrängenden unerbittlich unter die Füße getreten. Selbst der Wackerste der deutschen Kleinfürsten, der alte Karl Friedrich von Baden, mußte seine feilschenden Unterhändler gewähren lassen. Mitten im Ge— tümmel der bittenden und bietenden Kleinen stand mit selbstgewisser Gönner— chese traute sich's zu den Meister aller Listen selber zu überlisten und bemerkte nicht, wie schwer Preußen sein eigenes Ansehen schädigte durch die Begünstigung eines unsauberen Schachers, der an den Reichstag von Grodno, an die schmachvolle Selbstvernichtung des polnischen Adels er— innerte. Dieser Wettkampf der dynastischen Habgier vernichtete was im Reiche noch übrig war von Treu und Glauben, von Pflicht und Ehre. Bonaparte frohlockte; kein sittliches Band hielt den alten deutschen Staat mehr zusammen. Jeder Hof forderte ungescheut was ihm bequem und gelegen schien; die Entschädigung für wirklich erlittene Verluste diente kaum noch als Vorwand. Bald ergab sich, daß die rechtsrheinischen geistlichen Gebiete zur Befriedigung aller dieser begehrlichen Wünsche nicht aus— reichten, und man ward einig, auch den Reichsstädten den Garaus zu machen, da ja die Reichsstädte des linken Ufers ebenfalls ohne Ent— schädigung vernichtet waren. Endlich wurde die große Länderversteigerung geschlossen; der Zuschlag erfolgte theils an die Meistbietenden, theils an die Günstlinge Preußens und Rußlands, vornehmlich aber an jene Höfe, welche sich Bonaparte zu Stützen seiner deutschen Politik auserlesen hatte. Unumwunden schrieb er nach vollzogenem Geschäfte dem mit dem Czaren nahe verwandten Markgrafen Karl Friedrich: das badische Haus habe nunmehr den Rang erlangt, „welchen seine vornehme Verwandtschaft und das wahre Interesse Frankreichs erheischen."“ Nachdem in Paris das Wesentliche geordnet war, schritten Frankreich und Rußland in Regensburg als Vermittler ein; Bonaparte ließ dem Czaren eine scheinbare Mitwirkung um dessen Eifersucht zu beschwichtigen und einen Wunsch Preußens zu erfüllen. Die Mediatoren erklärten mit gutem Grunde, die Eifersucht und der Gegensatz der Interessen am Reichs- tage mache ihre Vermittlung nothwendig; sie legten ihren Entschädigungs- plan vor und schlossen herrisch: es sei ihr Wille, daß nichts daran ge- ändert werde. Der Kaiser widerstrebte noch immer und gab erst nach, als Preußen und Baiern mit Frankreich ein förmliches Bündniß schlossen und eine drohende Note aus Petersburg eintraf; dann aber trug der uneigennützige Beschützer der geistlichen Staaten kein Bedenken, seine Erb- lande durch die Bisthümer Trient und Brixen abzurunden. In der Reichsdeputation währte der landesübliche Hader noch eine Weile fort. Die russischen Staatsmänner klagten voll Ekels, wie langweilig und ermüdend